Die entscheidenden Stunden hat Kamala Harris in der Howard University verbracht. Die als das „schwarze Harvard“ bekannte Universität schien der passende Ort für die wohl bedeutendste Nacht im Leben der 59-Jährigen, nicht nur, weil Harris dort 1986 selbst ihren Abschluss gemacht hat. Die Vizepräsidentin wollte den erhofften Sieg in der Mitte jener Wählergruppe feiern, die sie über die Schwelle von 270 Wahlmännerstimmen tragen sollte.
Die Hoffnung, dass die Jungen, mobilisiert von der Abtreibungsdebatte, den Ausschlag geben werden, hat sich allerdings nicht erfüllt – das Thema zog quer durch alle Bevölkerungsgruppen nicht so stark wie von den Demokraten erwartet. Laut einer Nachwahlbefragung der „Washington Post“ gaben nur 14 Prozent der Wähler Abtreibung als zentrales Wahlmotiv an.
Am wichtigsten war den Wählern neben dem Zustand der Demokratie (35 Prozent) das Thema Wirtschaft (31 Prozent). Zwar steht die US-Wirtschaft dank eines starken Arbeitsmarktes, einer deutlich gesunkenen Inflation und nach oben zeigenden Aktienkursen auf dem Papier gut da, doch bei den Wählern gibt es ganz offensichtlich ein anderes Gefühl. 67 Prozent der Bürger sind laut der Nachwahlbefragung der Ansicht, dass sich die Wirtschaft in einem nicht so guten oder gar schlechten Zustand befindet. Die im Wahlkampf so häufig gestellte Frage „Geht es Ihnen heute besser als vor vier Jahren?“ beantworteten viele Amerikaner also ganz offensichtlich mit „Nein“.
Davon dürfte Donald Trump, der bei seinen Wahlkampfauftritten immer wieder den Niedergang Amerikas ins Zentrum gerückt hatte, stark profitiert haben. In so gut wie jeder Umfrage in den vergangenen Monaten sprachen die Amerikaner dem künftigen US-Präsidenten in dieser Frage deutlich mehr Kompetenz zu als Harris. It’s the economy, stupid!“, das Leitmotiv, mit dem Bill Clinton 1992 das Weiße Haus erobert hatte, gilt somit auch 2024.