Israel und die Hisbollah-Miliz liefern sich seit Beginn des Gaza-Kriegs vor einem Jahr heftigen gegenseitigen Beschuss im Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon. Nun gerieten auch Soldaten der UNIFIL-Mission der Vereinten Nationen ins Kreuzfeuer. Dabei wurden fünf Blauhelmsoldaten verletzt. Auch 165 Soldatinnen und Soldaten aus Österreich sind dort im Einsatz. Am Sonntag drangen zwei israelische Panzer in einen UN-Stützpunkt im Libanon, nahe der israelischen Grenze, ein. Die UN spricht von Kriegsverbrechen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu weist Vorwürfe zurück, das Militär seines Landes habe absichtlich Friedenstruppen der UNO (UNIFIL) im Libanon angegriffen. Dies sei „absolut falsch“. Israels Militär tue vielmehr sein Möglichstes, um zu vermeiden, dass UNIFIL-Personal zu Schaden komme, während Israel Kämpfer der Hisbollah treffe, so Netanyahu.
In der ZiB 2 mit Martin Thür äußerte sich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) zur aktuellen Lage - und auch über seine persönliche Zukunft als Außenminister - angesichts der Herausforderung einer künftigen Regierungsbildung. Ein Waffenstillstand sei nötig, so Schallenberg.
Als klaren Bruch des Völkerrechts ordnet Schallenberg den Angriff auf die UNIFIL-Mission ein - „egal ob bewusst oder unbewusst“. Damit verwies der Außenminister indirekt auf die Aussage Netanyahus, dass die UN-Blauhelme keinesfalls bewusst angegriffen worden seien.
„Der Schutz, die Sicherheit der Soldaten ist eine Pflicht“, betonte Schallenberg. Er sprach von einer Verletzung des Völkerrechts, seien doch die UNIFIL-Soldaten - darunter rund 160 Österreicher - ein Stabilitätsfaktor in der Region. Schallenberg kündigte sechs Millionen Euro Hilfe für die Region an. Nach Angaben aus seinem Büro fließen davon drei Millionen nach Syrien, zwei Millionen in den Libanon und eine Million nach Jordanien. Empfänger sind das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz IKRK. Das Geld kommt aus dem Auslandskatastrophenfonds des Außenministeriums.
Lage ist „hochexplosiv“
Schallenberg sprach sich zudem gegen eine Änderung des Mandates, zum Beispiel was den Einsatz von Waffen betrifft, aus. Die derzeitige Lage bezeichnete er als „hochexplosiv“. Ziel sei es, alles zu unternehmen, um für Sicherheit zu sorgen, auch „für unsere Soldaten“. Trotz der gefährlichen Lage sprechen alle Zeichen dafür, dass Österreichs Soldaten vor Ort bleiben, so Schallenberg.
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah äußerte der UNO-Sicherheitsrat unterdessen „große Besorgnis, nachdem mehrere UNIFIL-Stellungen in den vergangenen Tagen unter Beschuss gerieten“, erklärte der Vorsitz des UNO-Sicherheitsrats, den derzeit die Schweiz innehat. „Mehrere Friedenssoldaten wurden verletzt.“
Schallenberg bei Kriegsverbrechen-Vorwurf zurückhaltend
UN-Generalsekretär António Guterres und der italienischen Ministerpräsidentin Georgia Meloni will er sich in einer Sache jedoch nicht anschließen: Beide hatten die Angriffe auf die UN-Mission im Südlibanon als mögliche Kriegsverbrechen eingestuft. „Ich bin hier eher vorsichtig“, äußerte sich Österreichs Chefdiplomat. Aus seiner Sicht wäre es wichtiger, darauf hinzuwirken, die Sicherheit und Umsetzung der UNIFIL-Mission zu garantieren statt „mit großen Begriffen“ um sich zu werfen. Ein klarer Bruch des Völkerrechts seien die Angriffe aber allemal.
Obwohl aus Schallenbergs Sicht die UNIFIL-Mission deutliche Schwächen aufweist, sieht er derzeit keine Notwendigkeit, die UN-Soldaten mit einem robusteren Mandat auszustatten. Aus seiner Sicht müsse noch mehr dafür getan werden, die libanesische Regierung zu unterstützen, dass sie im Süden des Libanon für Sicherheit und Ordnung sorgt - und nicht die Hisbollah-Miliz. Grund für einen einseitigen Abzug der österreichischen Soldaten sieht der Außenminister jedoch derzeit nicht. „Entweder, die gesamte Mission baut ab, oder wir bleiben alle.“ Auf eine mögliche rote Gefährdungslinie für Bundesheersoldaten, die nicht überschritten werden dürfe, will sich Schallenberg allerdings von Thür nicht festnageln lassen.
Will Schallenberg als Außenminister bleiben?
Zuletzt wollte der ZiB 2-Moderator noch wissen, ob Schallenberg als Außenminister unter der nächsten Regierung - welche auch immer das sein wird - weitermachen wolle. Ganz Chefdiplomat, ließ dieser sich nur folgendes entlocken: „Was mein persönliches Schicksal betrifft, das steht zum einen in den Sternen und ist zum anderen ganz sekundär.“