Der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge des getöteten Hisbollah-Generalsekretärs Hassan Nasrallah, Hashem Safieddine, ist laut dem israelischen Verteidigungsminister vermutlich ebenfalls tot. "Die Hisbollah ist eine kopflose Organisation - Nasrallah wurde ausgeschaltet, und sein Nachfolger wurde wahrscheinlich ebenfalls ausgeschaltet", sagte Yoav Gallant nach Angaben seines Büros. Der Minister erwähnte den Chef des Hisbollah-Exekutivrats dabei nicht namentlich.
Israels Ministerpräsident Benjain Netanyahu sagte in einer am Dienstagabend veröffentlichten Videoansprache, Israel habe "Tausende Terroristen ausgeschaltet, darunter Nasrallah selbst und Nasrallahs Nachfolger und den Nachfolger seines Nachfolgers." Auch er nannte dabei den Namen Safieddines nicht.
Vorfall werde noch untersucht
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari teilte am Abend allerdings mit, das Militär untersuche die Ergebnisse des Angriffs auf das Geheimdiensthauptquartier der Hisbollah in Beirut, in dem sich demnach auch Safieddine aufgehalten haben soll, derzeit noch.
Netanyahu warnte die Menschen im Libanon vor Zerstörung wie im Gazastreifen. "Sie haben die Möglichkeit, den Libanon zu retten, bevor er in den Abgrund eines langen Krieges stürzt, der zu Zerstörung und Leid führen wird, wie wir es im Gazastreifen sehen", sagte er in einer Videoansprache. "Ich sage Ihnen, dem libanesischen Volk: Befreien Sie Ihr Land von der Hisbollah, damit dieser Krieg enden kann." "Sie stehen an einem bedeutenden Scheideweg", betonte Netanyahu. Der Miliz sei es egal, ob der Libanon in einen größeren Krieg hineingezogen werde.
„Gibt keinen Entscheidungsträger mehr“
Es gebe in der libanesischen Schiitenmiliz niemanden mehr, der Entscheidungen treffe, sagte Gallant. Auch die Angriffsfähigkeiten der Hisbollah hätten schwere Rückschläge erlitten. Wenn sich der Rauch im Libanon lichte, werde der Iran erkennen, dass er sein größtes Kapital verloren habe, so Gallant mit Blick auf die proiranische Miliz. Der Nachrichtensender Al-Jazeera hatte vor einigen Tagen berichtet, die Hisbollah habe den Kontakt zu Safieddine verloren. Die Hisbollah wies die Berichte als falsch zurück. Ob Gallant tatsächlich von Safieddine sprach, blieb zunächst offen.
Der hochrangige Hisbollah-Anführer war Berichten zufolge Ziel eines massiven israelischen Bombardements in der libanesischen Hauptstadt Beirut in der vergangenen Woche. Er ist ein Cousin des getöteten Nasrallah und soll gute Verbindungen zum Iran haben. Nasrallah war bei einem Luftangriff Ende September getötet worden.
„Hisbollah perfekt organisiert“
Hisbollah-Vizechef Naim Qassem, der die Miliz nach der Tötung Nasrallahs übergangsweise anführt, sagte indes in einer Fernsehansprache, die israelischen Angriffe seien zwar "schmerzhaft" gewesen, die Hisbollah sei jedoch weiterhin "perfekt organisiert" und ihre Fähigkeiten blieben "gut".
Die israelische Armee teilte indes mit, dass bereits vor einigen Monaten ein Tunnel der Hisbollah, der bis in israelische Gebiet gegraben wurde, entdeckt worden sei. Der Tunnel sei neu und noch im Bau gewesen, sei nun aber zerstört worden, erklärte ein Sprecher. Armeeangaben zufolge führte die unterirdische Route von der Gegend des libanesischen Orts Marwahin bis nach Zarit im Nordwesten Israels. In dem Tunnel hätten sich auch Waffen und Sprengsätze befunden.
Tunnel entdeckt und zerstört
Der Tunnel soll Teil eines Plans der vom Iran unterstützten Miliz gewesen sein, Israel zu infiltrieren, um dort Menschen zu töten und zu entführen, so der Sprecher der Armee weiter. Israels Armee hatte bereits vor einigen Jahren von der Schiitenmiliz Hisbollah angelegte Tunnel an der Grenze zwischen dem Libanon und Israel zerstört.