Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán setzt auf einen Sieg des Republikaners Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl am 5. November. „Wir werden mehrere Flaschen Champagner öffnen, wenn Trump gewählt wird“, sagte der mit FPÖ-Chef Herbert Kickl verbündete Rechtsnationalist am Dienstag im Europaparlament in Straßburg vor Journalisten. Orbán verwies auf Trumps Aussage, er werde den Ukraine-Krieg so schnell wie möglich beenden.

Orban stetzt auf Trump

Orbán hatte Trump im Juli am Rande des NATO-Gipfels in den USA getroffen. Wenige Tage zuvor hatte er Kreml-Chef Wladimir Putin in Moskau besucht. Die EU- und NATO-Partner verurteilten diese selbst erklärte „Friedensmission“ scharf. Wohl nicht zufällig hat Orbán zudem einen informellen EU-Gipfel für den 7. November angesetzt, also zwei Tage nach der US-Wahl.

In der Asylpolitik rief Orbán die anderen EU-Länder auf, dem Beispiel Ungarns zu folgen und keine Migranten mehr nach Europa zu lassen. Seit 2015 hätten ihm deshalb viele Europäer vorgehalten, er sei „ein Idiot“ oder „irgendwie böse“. „Am Ende des Tages werden mir alle zustimmen“, fügte er hinzu.

EU-Gerichte hatten Ungarn mehrfach wegen seiner Verstöße gegen die gemeinsame Asylpolitik verurteilt. Erst im Juni verhängte der Europäische Gerichtshof eine Rekordstrafe von 200 Millionen Euro. Die ungarische Regierung weigerte sich zu zahlen. Orbán begrüßte zudem die Wahlerfolge von Rechtspopulisten in Ostdeutschland oder Österreich. Es gebe einen „großartigen Wandel“ weg von der „Mainstream-Elite“ aus Linken, Liberalen und Politikern der Mitte. Europa brauche „starke Anführer“, forderte er - auch in Deutschland, Frankreich und Spanien.

Der Ungar schätzt den Republikaner
Der Ungar schätzt den Republikaner © AFP / Zoltan Fischer

Bezüglich des russischen Aggressionskriegs in der Ukraine bekräftigte Orbán seine Haltung. Er sehe keine Möglichkeit für die Ukraine, gegen Russland auf dem Schlachtfeld zu gewinnen. Benötigt werde eine direkte sowie indirekte Kommunikation zwischen den Kriegsparteien. Eine Feuerpause sei nötig, um Leben zu retten. Orbans Regierung gilt innerhalb der EU als vergleichsweise prorussisch.

Ein Protestierender konnte sich dem ungarischen Regierungschef bei der Pressekonferenz auf rund eineinhalb Meter nähern. Dabei warf er Papiergeldscheine in die Luft und rief: „Für wie viel Geld haben Sie die Heimat verraten, Herr Ministerpräsident?“ Sicherheitskräfte eskortierten den Störenfried im Anschluss aus dem Raum. Es handelte sich um Marton Gyekiczki, Funktionär der linksliberalen oppositionellen Demokratischen Koalition (DK) des ehemaligen ungarischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany, wie die Fraktion der Demokraten und Sozialisten (S&D) bestätigte.

Gyekiczki erklärte, er sei nach Straßburg gekommen, um Orban ins Gesicht zu sagen, dass er ein Verräter sei. Er habe gemeinsame europäische Werte verraten und könne deshalb Europa nicht vertreten. Zuvor hatten bereits einige Grüne nahe dem Auftrittsort von Orban Plakate hochgehalten, auf denen zu lesen war „Stop the Steal“ (auf Deutsch in etwa: Stoppt den Diebstahl). Der ungarischen Regierung wird immer wieder vorgeworfen, EU-Gelder zu missbrauchen.

Am Mittwoch in der Früh wird Orban dann vor den EU-Abgeordneten in Straßburg reden. Offizielles Thema ist dabei das Programm der laufenden Ratspräsidentschaft von Ungarn. Allerdings dürfte auch das konfliktreiche Verhältnis zwischen der Regierung in Budapest und der EU aufs Tapet kommen.

FPÖ verteidigt Orban

Die EU-Abgeordnete der FPÖ, Petra Steger, erwartet, dass es hier zu einem „Ungarn-Bashing“ durch die anderen Fraktionen kommen wird, denen sie ein „bedenkliches Demokratieverständnis“ vorwarf. Sie wolle „mehr Respekt vor unterschiedlichen Meinungen“, sagte sie in einem Pressegespräch in Straßburg. Die FPÖ und Orbans Fidesz sind beide Mitglieder der rechten „Patrioten für Europa“-Fraktion im Europaparlament. Angelika Winzig, die für die ÖVP im EU-Parlament sitzt, erwartet sich „erst mal gar nichts“ von Orbans Rede, wie sie im Gespräch mit Journalisten sagte. Inhaltlich denke sie, dass Orban seine Positionen in der Migrationspolitik wiederholen werde.

Andreas Schieder von der SPÖ erwartet dann, dass Orban versuchen wird, das EU-Parlament zu provozieren. Die Sozialdemokraten hätten sich entschieden im Plenarsaal zu bleiben und Orban mit harten Fragen zu konfrontieren. Anders die beiden grünen Abgeordneten Thomas Waitz und Lena Schilling. Man sei dagegen gewesen, Orban ins EU-Parlament einzuladen und werde morgen den Saal verlassen, kündigte Waitz an.

Orban schade nicht nur Europa, sondern auch seinem eigenen Land, meinte der NEOS-EU-Abgeordnete Helmut Brandstätter und sagte in einem Seitenhieb auf die Schengen-Debatte rund um die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien: „Wenn wir der Meinung sind, dass es ein Land gibt, das Schengen torpediert, dann ist es Ungarn“.