Ein Tag brennt sich in die Geschichte ein, wenn das Datum zum lodernden Dominostein wird und die Gegenwart ausmerzt. Auch der 7. Oktober ist ein solcher Tag. Es gibt ein Davor und ein Danach. Aber kein Zurück.

Der Überfall der Hamas auf Israel jährt sich heute zum ersten Mal. 1139 Menschen verloren an diesem Tag ihr Leben. Der Begriff „Überfall“ ist dabei ein politischer Euphemismus. Der Tag markierte das größte Massaker an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust. Menschen wurden gejagt, abgeschlachtet, verbrannt. Frauen vergewaltigt, verstümmelt.

Den Krieg der Sprache hatte die radikalislamische Hamas wenige Wochen nach dem 7. Oktober bereits gewonnen. Die schier unbegreifliche Brutalität wurde nur selten explizit erwähnt - unzumutbar war die Wahrheit, die simple Realität. Den Krieg der Bilder entschieden die Gottesschlächter mit der israelischen Bodenoffensive in Gaza ebenfalls für sich.

Schnell wurde alles in größere Zusammenhänge gerückt. Die vornehmlich Linke zersplitterte, goss propalästinensische Forderungen in einen Freiheitskampf gegen die westliche Kolonialisierung – die der einzige demokratische Staat im Nahen Osten in ihren Augen darstellt. Nahost fungiert als ideale emotionale Projektionsfläche.

Ein Jahr Hamas-Massaker heißt auch: Ein Jahr humanitäre Katastrophe in Gaza mit 40.000 Toten. Ein Leid darf nicht gegen das Leid eines anderen aufgewogen werden. So schnell die „Free Palestine“-Chöre nach dem Gemetzel in Europas Städten erklangen, so lange hat eine Verurteilung der kompromisslosen, israelischen Vergeltung in Gaza auf sich warten lassen. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu, unter dem koalitionären Joch radikaler, ultraorthodoxer Hardliner, klammert sich mit einem Krieg, den er nicht enden lässt, indes weiter an die Macht. Wenn Israel eine ernsthafte und friedliche Perspektive für seine Bevölkerung will, muss es auch eine Perspektive für Palästinenser bieten. Nahost ist aber zum Kampf des „Entweder-Oder“ verkommen.

Der 7. Oktober markiert wohl auch für die Palästinenser das Ende aller Hoffnung. Die Zwei-Staaten-Lösung ist fahle Scheinperspektive. Das Volk, das nie im Besitz eines souveränen Staates war, interessiert die islamischen Mullahs nicht. Der propagierte Opferstatus ist perfides Faustpfand.

So kompliziert der Konflikt ist, so kontinuierlich lässt sich dabei ein einfacher Grundpfeiler freilegen: Der Antisemitismus. Daran sei in diesen Tagen einmal mehr erinnert. In diesem Krieg geht es vielleicht historisch um zwei Völker und ein Stück Land, die Wurzel allen Übels ist jedoch der Judenhass. Denn weil die islamische Welt ein nicht-muslimisches Land, gerade einmal so groß wie Niederösterreich, nicht in ihrer Machtsphäre duldet, wird dieses bekriegt. Das war 1948 so, das war 1973 so, das ist seit dem 7. Oktober täglich so - ob von der Hisbollah im Norden, dem Iran im Osten, oder den Houthis im Süden. Und diese Angriffe gelten nicht nur dem Staat Israel, sondern auch der westlichen Welt. Das ist kein Krieg der Anderen.