Papst Franziskus wünscht sich eine synodale Kirche, das kann man dem Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken auf der Welt durchaus abnehmen. Die Idee einer „sich gemeinsam fortbewegenden Gemeinschaft“ fußt auf der Überzeugung, dass ihre hierarchische Struktur im vergangenen Jahrhundert viel Schaden angerichtet und sich vom Wesen des Evangeliums und ihres Beispiels einer dienenden Gemeinschaft entfernt hat.
Heute erreicht der von Franziskus angestoßene Veränderungsprozess mit der zweiten Vollversammlung zum Thema Synode seinen Höhepunkt. 2021 startete der weltweite Prozess mit einer Befragung in den Ortskirchen, vergangenen Herbst berieten die Teilnehmer im Vatikan zum Thema Synodalität. Erstmals waren knapp 50 Frauen stimmberechtigte Mitglieder.
Nun treffen sich im Vatikan erneut 272 Bischöfe, 96 Laien, darunter 45 Frauen. Zu Beginn der Woche gab es Tage der spirituellen Besinnung, um den „geistlichen Prozess“ der Entscheidungsfindung zu begünstigen. Am Dienstagabend fand ein einmaliger Bußakt statt, bei dem die katholische Kirche nach dem Willen des Papstes um Vergebung für Verfehlungen bat, insbesondere im Umgang mit sexuellem Missbrauch.
Beratungen in der Audienzhalle
Begonnen wird heute mit einem Gottesdienst auf dem Petersplatz, nachmittags starten die bis zum 27. Oktober dauernden Beratungen in der Audienzhalle. Am Ende soll ein Abschlussbericht stehen, mit Empfehlungen für Franziskus. Der zieht dann höchstwahrscheinlich in einem nachsynodalen Schreiben Schlussfolgerungen.
Dieser Ablauf ist gewissermaßen ein notwendiger Widerspruch in einer Kirche, die mehr Mitbestimmung in wichtigen Fragen möglich machen will, am Ende aber doch von den Entscheidungen ihres Oberhaupts abhängt. Franziskus setzte dem noch die Krone auf, indem er eine Versammlung, die den gemeinschaftlichen Prozess zum Beratungsgegenstand hatte, mehrfach vor vollendete Tatsachen stellte.
Da war etwa im Juli 2023, nur Monate vor der ersten Vollversammlung, seine Entscheidung, die Segnung homosexueller Paare in Einzelfällen zuzulassen. Natürlich war das Thema einer der größten Auseinandersetzungspunkte in einer Weltkirche, die bei diesem Thema in Europa oder in Afrika mit völlig unterschiedlichen Überzeugungen agiert. Auch vor der diesjährigen Synoden-Versammlung machte der Papst wieder Nägel mit Köpfen.
Umstrittene Fragen
Zum einen lehnte er im März in einem Interview mit dem US-Sender CBS die Weihe von Frauen zu Diakoninnen explizit ab. Dabei war jene Frage das umstrittenste Thema bei der Versammlung im vergangenen Jahr. Im Juli bestimmte Franziskus dann, dass einige umstrittene Themen in zehn, teilweise von den Vatikanbehörden koordinierten Expertengremien ausgelagert werden. Die diesjährige Synodenversammlung soll also dem Papst zufolge gar nicht mehr über Fragen wie den Diakonat der Frau oder die richterliche Funktion von Bischöfen beraten, sondern sich sehr allgemein der Frage widmen: „Wie kann man eine synodale Kirche sein, die herausgeht?“
Die mit Theologen besetzten Expertengremien werden auf der Synode einen Zwischenbericht ihrer gerade erst begonnenen Arbeit präsentieren und sollen bis Juni 2025 Ergebnisse liefern, vielleicht auch erst später. Die Synode endet nicht jetzt, meinen Befürworter der Arbeitsgruppen, in denen theologisch fundierter gearbeitet werden könne. Kritiker hingegen sind sich sicher, die insgesamt dritte von Franziskus eingesetzte Kommission zum Frauendiakonat sei der Beweis, dass der Papst das Thema endgültig aufs Abstellgleis gestellt habe. Die synodale Abschlussrunde sei schon beendet, bevor sie überhaupt begonnen habe.
Warten auf Antworten
„Wird die Synode gähnend langweilig werden?“, fragte auch der National Catholic Reporter im Vorfeld. Nicht unbedingt. Aus Deutschland, wo die Kirche mit dem Synodalen Weg bereits eigene Reformschritte unternommen hat, vom Papst aber immer wieder ausgebremst wurde, gab es bereits eine freundliche Kampfansage. „Wo hat die Synode die Gelegenheit, die Themen der zehn Arbeitsgruppen nochmal aufzugreifen?“, fragte besorgt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing und kündigte implizit an, notfalls selbst dafür zu sorgen. Die Synode werde auf Fragen wie die Integration von Frauen Antworten geben müssen, „sonst bleibt sie hinter den Erwartungen zurück“.