Brandenburg vor dem Urnengang: Morgen wird gewählt im Land rund um Berlin. In Umfragen liegt die AfD mit rund 27 Prozent nur noch knapp vor der SPD des seit 2013 amtierenden Premiers Dietmar Woidke. Beim ZDF-Politbarometer ist der Abstand größer: Dort liegt die SPD ebenfalls bei 26 Prozent, aber die AfD bei 29 Prozent. Die Koalitionspartner CDU (15 Prozent) und Grüne (um fünf Punkte) schwächeln. Im Gegensatz zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das bei 14 Prozent liegt.
Nächste politische Hängepartie droht
Nach Sachsen und Thüringen droht also die nächste politische Hängepartie in Deutschland: Falls die AfD stärkste Kraft werden würde, könnte sie voraussichtlich trotzdem nicht regieren: Keine andere Partei will mit ihr zusammenarbeiten. Denn der Verfassungsschutz stuft die Landespartei als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein.
Woidke, der studierte Landwirt, hat bereits mit seinem Rückzug aus der Politik gedroht, sollten die Sozialdemokraten nicht wie stets seit dem Jahr 1990 stärkste Kraft werden im Land: Wenn die AfD das Rennen macht und nicht die SPD, sei er „weg“, sagte er. Zuletzt legt die SPD immerhin zu. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen werden“, beteuerte Woidke. Diesen Optimismus zieht er daraus, dass es der SPD schon bei der Wahl 2019 gelungen ist, die AfD auf den letzten Metern einzuholen. Doch eng wird es jedenfalls morgen.
Vieles gerät indes in Bewegung: „Ich wünsche mir, dass Dietmar Woidke gewinnt“, bekannte Michael Kretschmer. Zur Erinnerung: Der Mann ist Ministerpräsident in Sachsen und Mitglied der CDU. Kretschmer weiß zwei Wochen nach den Wahlen in seinem Land aber auch, wie schwierig die neuen Polit-Landschaften zu gestalten sind. Wahlsieger Kretschmer verhandelt mit dem BSW. Die ersten Gespräche führte er aber nicht - wie üblich – auf Landesebene, sondern in Berlin mit Wagenknecht. Darauf hatte die BSW-Chefin bestanden. Ebenso wie auf klaren Positionen mit Blick auf Hilfen für die Ukraine. Neue Realitäten. Nicht wenige in der Union fremdeln mit der neuen Bündnispartnerin.
In Thüringen sieht es nach der Wahl ähnlich aus. Dort landete die CDU hinter der AfD auf Rang 2. CDU-Kandidat Mario Voigt sondiert mit BSW und SPD. Von Koalition mag er nicht reden. Lieber spricht Voigt von „Kooperationsregierung“. Doch reicht selbst Kooperation nicht. Union, BSW und SPD fehlt eine Stimme zur Mehrheit. Die Zeit drängt akut: Bereits kommende Woche konstituiert sich der neue Landtag. Voigt hält weiter Abstand zu Rechtsaußen: „Mit allen reden, nicht mit allen regieren“, so seine Devise. Zu völkisch ist die AfD im Osten. „Die AfD hat damit begonnen, Menschen zu Feinden zu erklären“, ist für CDU-Mann Kretschmer klar.
Brandenburg legte wirtschaftlich zu
In Brandenburg setzte die SPD im Wahlkampf auf Ironie. „Wenn Glatze, dann Woidke“, bewerben die Sozialdemokraten ihren kahlköpfigen Spitzenkandidaten. Das Land hat in den vergangenen Jahren ökonomisch zugelegt: Tesla fertigt E-Autos vor den Toren Berlins, in Cottbus steht ein neues Werk für die Bahn – und das Wachstum liegt insgesamt über jenem westdeutscher Flächenländer.
Auch deshalb setzt die SPD auf Kontinuität und Woidke: „Wir wollen deutlich machen, was politische Stabilität bedeutet.“ Es geht darum, sich abzusetzen vom instabilen Trend im Osten. Der „Anti-Ampel-Trend“ prägte indes auch Brandenburg: Woidke wollte keine Auftritte mit SPD-Kanzler Olaf Scholz.