Die europäische Agrarpolitik steht im Fokus der neuen EU-Kommission, Präsidentin Ursula von der Leyen hat versprochen, schon in den ersten 100 Tagen ihrer zweiten Amtszeit einen „Fahrplan für Landwirtschaft und Ernährung“ vorzulegen. Schon vor einigen Monaten hatte sie bürokratische Erleichterungen für Kleinbauern mit weniger als 10 Hektar Fläche (rund 65 Prozent aller Betriebe) umgesetzt, nun folgte in Brüssel die Präsentation eines mehr als 100 Seiten umfassenden Strategieberichts, der in den letzten Monaten unter Leitung des deutschen Experten Peter Strohschneider entstanden ist.
Der Bericht soll als Richtschnur für die Agrarpolitik der nächsten EU-Kommission dienen, er wurde unter Einbeziehung von 29 Interessensvertretungen erstellt und findet somit zunächst breite Zustimmung, von der riesigen EU-Agrar-Lobbyorganisation Copa-Cogeca bis zu Greenpeace. In 14 Punkten, die in fünf Kapiteln zusammengefasst sind, wird ein Rahmen vorgegeben, der auf den ersten Blick alle Wünsche erfüllt. Die Rede ist da etwa von „gezielter Unterstützung von kleinen Landwirtschaftsbetrieben, Junglandwirten, Neueinsteigern sowie Betrieben in Gebieten mit naturbedingten Benachteiligungen“, die Position von Landwirtinnen und Landwirten soll innerhalb der Wertschöpfungskette gestärkt werden. Weiters wird empfohlen, die finanziellen Mittel, mit denen die Bäuerinnen und Bauern bei der Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen unterstützt werden, „substanziell aufzustocken“. Der Übergang hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft soll durch einen „befristeten Agrarfonds“ unterstützt werden, in den auch private Gelder fließen sollen.
Handelsverträge mit Rücksicht auf Bauern
Darüber hinaus soll die EU bei Verhandlungen zu Handelsverträgen die Auswirkungen auf die Landwirtschaft stärker in Betracht ziehen. Mit Blick auf die Verbraucherinnen und Verbraucher solle der bestehende Trend von tierischem hin zu pflanzlichem Eiweiß unterstützt werden. Hier werden in einer Zusammenfassung des Berichts „fiskalische Anreize in Form von Steuervergünstigungen“ als Beispiel genannt. Allgemein sollten den Konsumenten „gesunde und nachhaltige Entscheidungen“ einfach gemacht werden.
Die GAP, die gemeinsame Agrarpolitik, müsse angepasst „und der Zugang zu Finanzierungsquellen verbessert“ werden, ebenso soll der „Zugang zu Wissen und Innovation“ im landwirtschaftlichen Bereich verbessert werden. Ein eigenes Kapitel ist der „Bedeutung des Generationswechsels und der Gleichstellung der Geschlechter“ gewidmet sowie dem Tierwohl.
Ursula von der Leyen sprach von einer „sehr soliden Grundlage“, mit der man die „polarisierende Debatte“ hinter sich lassen könne. Brüssel und auch die angrenzenden Niederlande waren zuletzt immer öfter wütender und zerstörerischer Bauernproteste geworden. Peter Strohschneider sprach von einem „gemeinsamen Konzept für die Zukunft der Landwirtschaft und Ernährung“. Der Bericht dient nun als Grundlage für weitere Vorschläge der Kommission.