Die Pandemie hat der Wirtschaft in allen europäischen Ländern stark zugesetzt. Um die Folgen zu mildern und neuen Aufschwung zu erzeugen, einigten sich die EU-Länder auf ein einzigartiges Finanzierungsmodell für den Wiederaufbau (ARF), in dem bis zu 338 Milliarden Euro als Finanzhilfen und bis zu 385,8 Milliarden Euro als Darlehen bereitgestellt werden können. Nun prüfte der EU-Rechnungshof den Einsatz der Gelder und kam zum Schluss, dass es mittlerweile zu einigen Verzögerungen kam, die als Konsequenz das Erreichen der Ziele gefährden könnten – der ARF soll im August 2026 auslaufen, bisher wurde aber noch nicht einmal ein Drittel der Gelder in Anspruch genommen und damit erst 30 Prozent der Meilensteine erreicht.

Positiv ist nach Ansicht der Prüfer, dass die EU-Länder eine Vorfinanzierung in Höhe von bis zu 13 % des ihnen zustehenden Betrags erhielten. Dies hat eine schnelle Auszahlung zu Beginn ermöglicht - ganz im Sinne der beabsichtigten Krisenreaktion. Seither sind die Gelder jedoch größtenteils zu langsam geflossen, kritisieren die Prüfer. Bis Ende 2023 hat die Kommission nur 213 Milliarden Euro an die nationalen Haushalte überwiesen. Und selbst diese Mittel haben die Endempfänger – darunter Privatunternehmen, öffentliche Energieunternehmen und Schulen – häufig noch nicht erreicht.

Verzögerungen auch in Österreich

Fast alle Länder, so der Rechnungshof, haben ihre Zahlungsanträge mit Verzögerungen bei der Kommission eingereicht. Als Gründe dafür wurden die Inflation, Versorgungsengpässe, Unsicherheiten bei Umweltvorschriften oder auch unzureichende Verwaltungskapazitäten ausgemacht. Sieben Länder (Ungarn, Niederlande, Schweden, Belgien, Finnland, Irland und Polen) haben aus verschiedenen Gründen bisher keine Gelder erhalten. Auch in Österreich gibt es Verzögerungen bei der Absorption der ARF-Mittel, obwohl Österreich nach Spanien und Frankreich zu den Mitgliedstaat mit der raschesten Unterzeichnung der operativen Vereinbarung zählt. Österreich hatte laut dem Bericht bis Ende 2023 nur einen Zahlungsantrag gestellt (im Dezember 2022), und rund 700 Mllionen Euro erhalten. Damit wurde nur die Hälfte der im vorläufigen Zeitplan vorgesehenen Zahlungsanträge eingereicht (EU-Schnitt: 70%): Der zweite, für 2023 vorgesehene Zahlungsantrag ist noch ausständig. Das bedeutet, dass Ende 2023 lediglich 23% (EU-Schnitt: 37%) der zugewiesenen ARF-Mittel ausgezahlt und 44 von insgesamt 171 Meilensteinen und Zielen zufriedenstellend erfüllt waren.

Mit Blick auf das letzte Jahr der ARF habe Österreich geplant, 34 Prozent der Mittel abzurufen und 15 Prozent der Ziele und Meilensteine zu erfüllen. Ebenfalls fällt die Finalisierung der Hälfte aller Investitionen ins Jahr 2026. Insgesamt zeige sich daher auch für Österreich, dass in der zweiten Hälfte der Laufzeit der ARF die Anzahl der zu erreichenden Ziele und Meilensteine und der Übergang von Reformen zu Investitionen „zusätzliche Herausforderungen für die rechtzeitige Mittelausschöpfung“ darstellen.

EU-Kommission reagiert

Die EU-Kommission reagierte umgehend auf die einzelnen Empfehlungen des Rechnungshofes und begrüßte unter anderem den Vorschlag, zusätzlich beratend auf die Mitgliedsländer einzuwirken und zeitnah jene Projekte ausfindig zu machen, die am ehesten durch die Verzögerung gefährdet sind. Abgelehnt wird die Empfehlung, gemeinsam mit den Ländern an einer Risiko-Abmilderung zu arbeiten (weil, so das Argument, ohnehin konkrete Zielvorgaben zu erreichen sind), sowie mit der Rückforderung von Mitteln, falls Projekte nicht abgeschlossen werden. Zum einen, weil im ARF ohnehin solche Möglichkeiten bestehen, zum anderen, weil solche Entscheidungen auch auf politischer Ebene zu treffen seien.