Das klang sehr selbstbewusst. „Die CDU ist wieder da“, kommentierte Generalsekretär Carsten Linnemann die Ergebnisse der Wahlen von Sachsen und Thüringen. Das mag stimmen, doch ist die Lage verzwickt. In beiden Ländern kommt die Union nicht am neuen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vorbei. Die Namensgeberin aber pocht auf das Thema Frieden, Demokratie und Ukraine: „Wenn Krieg kommt, braucht man doch über Bürokratieabbau nicht mehr zu reden“, so Wagenknecht.

Die Ausgangslage für die Union ist nicht einfach. Die CDU hat auf dem Parteitag 2018 einen Unvereinbarkeitsschluss mit AfD und Linke beschlossen. Für das BSW der ehemaligen Linken-Parteichefin Wagenknecht existiert ein solcher Beschluss formal nicht. Also ist eine Zusammenarbeit in Sachsen und Thüringen möglich. Rein rechtlich betrachtet. Politisch erwachsen daraus aber Diskussionen. Koalition sei Ländersache, lautet die politische Grundformel in Deutschland. Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte am Montag vor der Präsidiumssitzung seiner Partei in Berlin schon mal seine Eigenständigkeit. Es gebe „bestimmt Schnittmengen“ zum BSW, sagte Kretschmer, sprach mit Blick auf mögliche Koalitionsgespräche aber auch „von Monaten“.

Tatsächlich war das Nein zur Linken vor sechs Jahren eine Kompensation für den konservativen Teil der CDU. Ursprünglich ging es in dem Antrag nur um einen Abstandshalter zur AfD. Von Brandmauer war die Rede. „Wir können mit dieser Partei nicht zusammenarbeiten“, stellte CDU-Chef Friedrich Merz vor den Landtagswahlen noch einmal klar. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder betonte, er rate zu „Koalitionen mit allen Parteien außer der AfD“. Doch beginnt das Grummeln beim rechten Flügel der Union. Eine Argumentationshilfe kommt aus Brüssel. Selbst im EU-Parlament möchten Rechtsaußenparteien wie Geert Wilders‘ Freiheitliche oder Marine Le Pen nicht mit der AfD zusammenarbeiten. Zu völkisch. Dennoch birgt die Debatte für die Union noch Konfliktpotenzial.

Aber auch ganz Rechtsaußen wird’s schwierig. Die AfD stellt in Thüringen die stärkste Kraft, in Sachsen liegt die Partei nur knapp hinter der Union. Dennoch mag niemand mit ihr reden. Das Dilemma der AfD: Je radikaler sie wird, umso mehr Stimmen gewinnt sie. Aber umso weiter entfernt sie sich von den anderen Parteien. 52 Prozent in Sachsen wählen Umfragen zufolge die Partei mittlerweile aus Überzeugung und nicht aus Frust über andere Parteien, vor fünf Jahren waren es noch 39 Prozent. Die AfD wird zur Konstanten.

Am Montag meldete sich Kanzler Olaf Scholz. Er sprach von einem „bitteren“ Ergebnis und mahnte: „Alle demokratischen Parteien sind nun gefordert, stabile Regierungen ohne Rechtsextremisten zu bilden.“ Die Abgrenzung nach rechts ist für die SPD der einfache Teil der Aufarbeitung ihrer Schlappe. Knapp über fünf Prozent erzielte die SPD in Thüringen und Sachsen. Der Ampel-Unmut wächst.