Die EU-Staaten hatten im Prinzip bis Freitag Zeit, ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die nächste Kommission nach Brüssel zu melden. Bis auf Belgien haben auch alle Staaten dies bereits getan, nachdem am Freitag Italien und Bulgarien offizielle Namen nannten. Der Bitte der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, jeweils einen Mann und eine Frau zu nominieren, ist allerdings nur Bulgarien nachgekommen.

Bulgarien nominierte am Freitag Ex-Außenministerin Ekaterina Sachariewa und Ex-Umweltminister Julian Popow. Die italienische Regierung hat Europaminister Raffaele Fitto als ihren Wunschkandidaten für das Amt des EU-Kommissars benannt. Sollte sich von der Leyen im Fall Bulgariens für Sachariewa entscheiden, stünden nach aktuellem Stand in der neuen Kommission (ohne Belgien) 19 Männer 8 Frauen gegenüber.

Österreich hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) als EU-Kommissar nominiert. Das Europaparlament hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Juli für eine zweite Amtszeit bestätigt, über die gesamte Kommission wird es im Herbst abstimmen. Ein Überblick:

Gewählt (eine Frau):

DEUTSCHLAND: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (EVP)

Nominiert bzw. relativ sicher gesetzt (sieben Frauen und 18 Männer):

BULGARIEN: Ex-Außenministerin Ekaterina Sachariewa (EVP) und Ex-Umweltminister Julian Popow

DÄNEMARK: Entwicklungs- und Ex-Klimaminister Dan Jørgensen (Sozialdemokraten)

ESTLAND: EU-Außenbeauftragte und Kommissionsvizepräsidentin Kaja Kallas (Liberale)

FINNLAND: Henna Virkkunen (EVP), Ex-Bildungsministerin und Europaabgeordnete

FRANKREICH: Binnenmarktkommissar Thierry Breton (Liberale), von Präsident Emmanuel Macron wieder nominiert

GRIECHENLAND: Nachdem Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas (EVP) nicht weitermacht, hat Athen den Gouverneur Zentralmakedoniens und ehemaligen Präsidenten des europäischen Ausschusses der Regionen, Apostolos Tzitzikostas, als nächsten EU-Kommissar nominiert

IRLAND: Michael McGrath (Liberale), als Finanzminister zurückgetreten, um Kommissar zu werden

ITALIEN: Europaminister Raffaele Fitto (EKR) wurde nominiert; er war von 2014 bis 2022 Mitglied des EU-Parlaments

KROATIEN: Dubravka Šuica (EVP), derzeit Kommissions-Vizepräsidentin

LETTLAND: Valdis Dombrovskis (EVP), derzeit Kommissions-Vizepräsident

LITAUEN: Andrius Kubilius (EVP), EU-Abgeordneter und ehemaliger Premier

LUXEMBURG: Christophe Hansen (EVP), derzeit Europaabgeordneter, ist der Kandidat der Regierung; der aktuelle EU-Kommissar Nicolas Schmit ist jedoch noch im Gespräch

MALTA: Ministerpräsident Robert Abela hat seinen ehemaligen Kabinettschef Glenn Micallef (Sozialisten) vorgeschlagen, nachdem sich Ex-Vizepremier Chris Fearne wegen der mutmaßlichen Verwicklung in einen Korruptionsskandal zurückzog

NIEDERLANDE: Klimakommissar Wopke Hoekstra (EVP)

ÖSTERREICH: Finanzminister Magnus Brunner (EVP)

POLEN: EU-Botschafter Piotr Serafin (EVP), ihm werden Ambitionen auf ein wichtiges Ressort nachgesagt

PORTUGAL: Ex-Finanzministerin Maria Luís Albuquerque (EVP)

RUMÄNIEN: Ex-Europaminister Victor Negrescu (Sozialdemokraten) ist laut Medienberichten der Kandidat

SCHWEDEN: Jessika Roswall (Konservative), derzeit Europaministerin

SLOWAKEI: Maroš Šefčovič (fraktionslos), derzeit Kommissions-Vizepräsident

SLOWENIEN: Tomaž Vesel (Liberale), Ex-Rechnungshofpräsident

SPANIEN: Teresa Ribera (Sozialisten), derzeit Vizeregierungschefin

TSCHECHIEN: Industrieminister Jozef Sikela (EVP)

UNGARN: Derzeitiger EU-Kommissar für Erweiterung, Oliver Varhelyi (parteilos, Vertrauter von Premier Orbán)

ZYPERN: Der ehemalige Umweltminister und Biologe Kostas Kadis (parteilos) wurde von Nikosia vorgeschlagen

Offen:

BELGIEN: Unübersichtliche Lage wegen Regierungsbildung nach Parlamentswahl, aktueller EU-Kommissar Didier Reynders (Liberale) möchte weitermachen, weitere mögliche Kandidaten: Ex-Regierungschefs Alexander De Croo, Sophie Wilmès (beide Liberale), Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke und Elio Di Rupo (Sozialdemokraten). Der öffentlich-rechtliche Rundfunk RTBF nennt zudem die Außenministerin des Landes, Hadja Lahbib.

Obwohl Ursula von der Leyen die Mitgliedstaaten aufgefordert hatte, jeweils eine Frau und einen Mann für den Posten vorzuschlagen, überwiegt derzeit die Anzahl der Männer deutlich: 8 oder 7 Frauen stehen 19 oder 20 Männern gegenüber (nachdem Bulgarien einen Mann und eine Frau nominiert hat); ein Platz (Belgien) ist noch offen. EU-rechtlich kann die Deutsche die Länder aber nicht zwingen, zwei Kandidierende vorzuschlagen. Hat von der Leyen ihr Team zusammengestellt, werden die Kandidierenden im Herbst vom EU-Parlament angehört.