Die USA haben einen neuen Vorschlag für eine Gaza-Waffenruhe vorgelegt. Dieser kläre die bisher ungelösten Differenzen und ermögliche eine schnelle Umsetzung des Abkommens, so eine Erklärung von Ägypten, Katar und den USA. Der Inhalt stehe in Einklang mit den Rahmenbedingungen von Joe Biden, die der US-Präsident Ende Mai formuliert hatte. In den kommenden Tagen sollen die Differenzen zwischen Israel und der Hamas überwunden werden. Letztere reagierte vorerst indes verhalten.

Ziel sei es, die noch „verbleibenden Lücken“Israels mit der islamistischen Terrororganisation zu schließen. Das teilten die vermittelnden Länder Katar, Ägypten und USA nach den zweitägigen Verhandlungen in Doha mit. Vor Ende der kommenden Woche sei ein weiteres Treffen in Kairo geplant, um unter diesen Bedingungen eine Einigung zu erreichen. Bis dahin sollen Unterhändler weiterverhandeln, um die noch „verbleibenden Lücken“ zu schließen.

Blinken soll Besuch in Israel geplant haben

„Die Gespräche waren bisher ernsthaft, konstruktiv und fanden in positiver Atmosphäre statt“, hieß es in der Mitteilung der drei Länder. „Technische Teams“ sollten in den kommenden Tagen an noch offenen Details zur Umsetzung arbeiten, darunter auch humanitäre Fragen wie auch die Frage der Freilassung von Geiseln aus Gewalt der Hamas und Gefangenen aus israelischen Gefängnissen.

US-Präsident Joe Biden ortete Fortschritte. Zwar sei es noch nicht so weit, sagt Biden im Weißen Haus. Jedoch sei man einer Lösung näher, als dies noch vor drei Tagen der Fall gewesen sei. UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte zu einer Feuerpause auf, um die dort lebenden Kinder gegen Polio zu impfen. Es sei unmöglich, eine Polio-Impfkampagne zu bewerkstelligen, während überall Krieg herrsche. Die radikal-islamische Hamas befürwortet eigenen Angaben zufolge den UN-Vorschlag einer siebentägigen humanitären Waffenruhe, um 640.000 palästinensische Kinder gegen Polio immunisieren zu lassen.

Nach seiner kürzlich verschobenen Nahostreise wird US-Außenminister Antony Blinken Insiderangaben zufolge am Wochenende in Israel erwartet. Er werde dort den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu treffen, sagte ein Regierungsvertreter. Zudem solle die israelische Delegation von den Waffenruhe-Gesprächen noch am Freitag aus der katarischen Hauptstadt Doha zurückkehren.

Netanyahu setzt indes auf den Druck der Vermittler, um die Gaza-Gespräche mit der Hamas zum Abschluss zu bringen. In einer Mitteilung dankte der Regierungschef Ägypten, Katar und den USA für ihre Bemühungen, die Islamisten von ihrer Ablehnung eines Geiseldeals abzubringen. Israel hoffe, dass ihr Druck die Hamas dazu bewegen werde, die Vorschläge von Ende Mai anzunehmen, sodass die Details der Vereinbarung umgesetzt werden könnten.

Ein Vertreter der islamistischen Hamas bewertete den Abschluss der jüngsten Gesprächsrunde über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg zurückhaltend. Die Führung der Hamas habe die Ergebnisse der Verhandlungen in Doha erhalten, und sie basierten nicht auf allen Vorschlägen von US-Präsident Joe Biden, die der Gruppe am 2. Juli übermittelt worden seien, sagte der ranghohe Hamas-Funktionär Mahmoud Mardawi der Deutschen Presse-Agentur.

Hamas fordert Rückzug israelischer Truppen

Aus Sicht der Hamas müssten die Gespräche auf der Beendigung des Kriegs, des Rückzugs der israelischen Armee aus dem Gazastreifen, der Rückkehr der Vertriebenen in ihre Häuser, dem Wiederaufbau und dem Ende der israelischen Blockade des Küstengebiets fußen. Weiter äußerte er sich nicht. Eine offizielle Mitteilung Israels zu der Verhandlungsrunde lag zunächst nicht vor.

Eine Waffenruhe im Gaza-Konflikt könnte nach Auffassung von Ägyptens Außenminister Badr Abdelatty einen Flächenbrand im Nahen Osten verhindern. Bei einem Besuch in der libanesischen Hauptstadt Beirut sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur NNA: „Wir werden keine Mühen scheuen, um eine sofortige Waffenruhe in Gaza zu erreichen, da dies die Grundlage dafür ist, die Eskalation zu stoppen und die Spannungen abzubauen.“ Zuvor traf er den libanesischen Parlamentspräsidenten und engen Verbündeten der Hisbollah, Nabi Berri. Der Parlamentschef sagte laut NNA, dass ein positiver Ausgang der Verhandlungsgespräche das „Tor zu Stabilität“ in der Region sei.

Der Iran und die Hisbollah-Miliz im Libanon hatten nach der Tötung des Hamas-Auslandschefs Ismail Haniyeh in der iranischen Hauptstadt Teheran sowie eines Hisbollah-Militärkommandeanten vor gut zwei Wochen Rache geschworen. Seither wurde mit einem Angriff gerechnet. Beide sind mit der Hamas verbündet und könnten im Fall einer Waffenruhe in Gaza von einer größeren, womöglich koordinierten Attacke gegen Israel absehen.

Iran soll vorerst von Vergeltungsschlag absehen

Wie die „New York Times“ berichtete, wird erwartet, dass der Iran vorerst von einem Vergeltungsschlag absieht. Dies solle den Verhandlern Raum geben, um eine Gaza-Waffenruhe auszuloten. Die „New York Times“ berief sich dabei auf Vertreter aus den USA, Iran und Israel. Unter Berufung auf fünf Vertreter Israels hieß es weiter, der israelische Geheimdienst sei zu der Beurteilung gekommen, dass die Hisbollah und der Iran die Bereitschaft ihrer Raketeneinheiten heruntergefahren hätten. Diese Einschätzung könne sich aber schnell wieder ändern.

Der Hisbollah-nahe TV-Sender Al-Manar verbreitete unterdessen ein Propagandavideo der Miliz, das offenbar einen unterirdischen Tunnelkomplex zeigen soll, durch den Lastwagen fahren, die Raketen transportieren. Die Hisbollah sei heute auch wegen ihrer Waffen stärker als je zuvor, sagt eine Stimme in dem Video, die Beobachter dem Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah zuordnen. Die Stimme droht Israel zudem, das Land werde einer Realität gegenüberstehen, mit der es nicht gerechnet habe, sollte es einen Krieg gegen den Libanon beginnen. Die Hisbollah und Israel beschießen sich seit Monaten, Dutzende Zivilisten wurden dabei auf beiden Seite der Grenze getötet.

US-Präsident Biden hatte im Mai einen Vorschlag zur Beendigung des Gaza-Kriegs in drei Phasen vorgestellt. In einer ersten Phase würde demnach während einer Waffenruhe von sechs Wochen eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. In zwei weiteren Phasen sollen die Kämpfe dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen werden sowie der Wiederaufbau des in weiten Teilen zerstörten Gazastreifens beginnen.

115 Menschen sollen noch von der Hamas gefangen gehalten werden

Dass Yahya Sinwar nach der Tötung von Hamas-Führer Ismail Haniyeh in Teheran zum Chef der Hamas aufgerückt sei, mache eine Einigung in den Verhandlungen unwahrscheinlicher, hatte Jon Alterman von der US-Denkfabrik CSIS zuvor erklärt. „Hanyeh war ein bereitwilliger Vermittler, Sinwar ist ein Kämpfer.“ Mit Sinwar an der Spitze sei jetzt weniger wahrscheinlich, dass die Hamas sich auf ein Ende der Kämpfe im Rahmen einer Waffenruhe einlassen werde.

Die Gespräche unter anderem über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sollen kommende Woche fortgesetzt werden. Es werden noch 115 Menschen in der Gewalt der Hamas vermutet, viele davon dürften bereits tot sein. In Israel protestieren immer wieder Tausende für ein Abkommen, um die Freilassung der Geiseln zu erreichen. Viele Demonstranten werfen dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu vor, einen Deal zu sabotieren und sich den Forderungen seiner ultrareligiösen und rechtsextremen Koalitionspartner, auf die Netanyahu für sein politisches Überleben angewiesen ist, zu beugen. Diese sind gegen Zugeständnisse an die Hamas.

US-Präsident Joe Biden hat sich mit Blick auf eine Einigung in den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg hoffnungsvoll geäußert. „Wir sind näher dran als je zuvor“, sagte Biden am Rande einer Veranstaltung im Weißen Haus gegenüber Journalisten. „Wir sind viel, viel näher dran als noch vor drei Tagen.“ Er wolle das Glück nicht herausfordern, erläuterte Biden einschränkend. „Wir haben vielleicht etwas, aber wir sind noch nicht am Ziel.“