Für viele Zuhörer dürfte es wohl ein Déjà-vu gewesen sein. Ähnlich wie beim nach 20 Minuten abgebrochenen Gespräch zwischen Elon Musk und dem damals noch hoffnungsfrohen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron DeSantis geriet auch die Unterhaltung zwischen Donald Trump und dem reichsten Mann der Welt zum pannengeplagten Auftritt. Das auf Musks Social-Media-Plattform X live übertragene Gespräch startete am Montag mit rund 45 Minuten Verspätung, viele Nutzer konnten aufgrund technischer Probleme aber überhaupt nicht auf den Livestream zugreifen.
Die 1,3 Millionen Teilnehmer, die sich dennoch einklinken konnten, bekamen allerdings weniger das von Musk mit großem Pomp angekündigte Interview zu hören, als einen moderierten Wahlkampfauftritt des früheren US-Präsidenten. Der Tesla-Chef präsentierte sich als glühender Trump-Fan und agierte vorwiegend als Stichwortgeber für den 78-jährigen Republikaner. Immer wieder lobte Musk Trump für seine Standhaftigkeit und seinen Mut, faktenwidrige Aussagen ließ Musk, der Trump häufig kichernd zustimmte, in den zwei Stunden hingegen unwidersprochen.
Dass Musk heute für Trump die Wahlkampftrommel rührt, ist das Ergebnis einer bemerkenswerten öffentlichen Verwandlung. Der gebürtige Südafrikaner hatte jahrelang für die demokratische Partei gestimmt, Barack Obama und Hillary Clinton unterstützte Musk während ihrer Präsidentschaftskampagnen mit großzügigen Geldspenden. Trump kam bei Musk dagegen lange nicht gut weg. Der Tech-Milliardär nannte den Republikaner einen der „größten Schwätzer“ und empfahl Trump noch im Sommer 2022 in den Sonnenuntergang zu segeln.
„Demokraten sind Partei des Hasses“
Dass sich der Wind gedreht hatte, war freilich schon damals zu beobachten gewesen. Vor den Midterm-Elections im Herbst desselben Jahres kündigte Musk an, nicht mehr für die Demokraten stimmen zu wollen, da diese von der „Partei der Güte“ zu einer „Partei der Spaltung und des Hasses geworden“ sei. Gleichzeitig drifteten Musks Ansichten immer weiter nach rechts - vieles, was er bei X in den vergangenen Monaten an seine 190 Millionen Follower geschrieben hat, könnte auch direkt von Trump stammen. So wettert Musk regelmäßig gegen den „Woke-Virus“, der Amerika befallen habe und wirft den Demokraten vor, die illegale Einwanderung zu unterstützen, um die anstehende Wahl zu ihren Gunsten zu drehen.
Seit Musk X im Oktober 2022 gekauft hat, hat sich aber nicht nur die Tonalität der von ihm verfassten Postings geändert, sondern auch der inhaltliche Schwerpunkt. Während der 53-Jährige laut einer Analyse der „Washington Post“ früher primär Beiträge mit Bezug zu seinen Unternehmen Tesla und SpaceX verfasst hat, haben in den vergangenen Monaten vor allem Kommentare mit Musks persönlichen politischen Ansichten massiv zugenommen.
Demokraten fürchten unfaire Bevorzugung der Republikaner
Dass Musk die im Politikbetrieb nach wie vor relevanteste Social-Media-Plattform zunehmend als Megaphon für seine eigenen Überzeugungen nutzt und mit dem Verweis auf die Redefreiheit wenig gegen Desinformation vom rechten Rand unternimmt, sorgt drei Monate vor der Wahl vor allem bei den Demokraten für Unbehagen. Sie fürchten, dass Musk auch nicht davor zurückschreckt, den Republikaner auch mit Hilfe der Algorithmen und der Programmroutinen von X Vorteile zu verschaffen. Befeuert wurde diese Angst nicht zuletzt durch mehrere Vorfälle in den vergangenen Wochen.
So konnten User dem Account @KamalaHQ, der vom Kampagnenteam von Vizepräsidentin Kamala Harris betrieben wird, auf einmal nicht mehr folgen, Anfang August wurden auch mehrere Kontos von demokratischen Unterstützungsgruppen gesperrt. „Wenn es ähnlichen Gruppen unter ähnlichen Umständen passiert, sieht das suspekt aus und das ist ein Problem“, sagt William McConnell, der einer der Betroffenen war, zur „Washington Post“.