Zerschlagene Gläser, Fäkalien auf dem Boden verteilt, zertrümmerte Stühle. „Keine Ahnung, ob die noch zu gebrauchen sind“, sagte Oz Ben David dem Berliner TV-Sender rbb. Der jüdische Israeli David war Mitte des vergangenen Jahrzehnts nach Berlin gekommen, dort traf er den Palästinenser Jalil Dabit. Gemeinsam eröffneten sie am Prenzlauer Berg das Restaurant Kanaan, sie hielten die Gaststätte auch nach dem Überfall palästinensischer Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres offen. Als Zeichen, dass ein friedliches Miteinander möglich ist. Einen „Ort der Hoffnung“ sah die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Nun lag die Hoffnung in Trümmern. 

Wenige Stunden später wieder geöffnet

Der ungebetene Besuch war mehr als ein Anschlag auf die kulinarische Vielfalt. „Wie jedes Restaurant in Berlin hatten auch wir schon Einbrüche, aber nicht dieser Art. Dieses Mal wurde nichts gestohlen. Es war pure Verwüstung“, so Oz Ben David. Eigentlich dachte er schon nach dem 7. Oktober, dass es mit dem jüdisch-palästinensischen Feldversuch in Berlin nicht mehr weitergehen kann. Doch öffnete der Laden bald wieder. Nach der nächtlichen Attacke holte David einfach alte Stühle aus dem Keller und wenige Stunden später hatte das Kanaan wieder geöffnet. 

David ist getroffen. Aber nicht zerstört. Wenige Tage nach dem nächtlichen Überfall kam Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) zu Besuch – demonstrativ. „Dieses Projekt ist ein wunderbares Projekt“, sagte Wegner und nahm im Restaurant Platz.

Hoffnung auf Frieden fällt schwer

„Wir führen das Beste aus zwei Welten zusammen“, hatte David im vergangenen Dezember im Interview mit der Kleinen Zeitung gesagt und erzählt: „Wir haben alles hinter uns gelassen. Uns hingesetzt, gestritten und diskutiert. Am Ende stand auf dem Papier ein Rezept, von dem wir nicht gedacht hätten, dass das in der Küche auch gelingt.“

So unvoreingenommen wie sie im Kanaan unterschiedliche Küchentraditionen zusammenbringen, um den wohl besten Hummus der Stadt auf den Tisch zu bringen, so stellt sich David auch den möglichen Weg zum friedlichen Ausgleich in Nahost vor. Auch wenn das angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Region schwerfällt. Ohnehin geht’s im Kanaan erstmal um die Verständigung in der Nachbarschaft. „Ich will auf niemanden mit dem Finger zeigen, nur sagen, dass wir einiges bei Leuten zu triggern scheinen.“

Einbruchsermittlungen

Die Berliner Polizei wollte zunächst nur wegen Einbruchs ermitteln. Berlins Regierender Bürgermeister Wegner zeigte sich bei seinem Besuch konsequenter und wollte ein politisches Motiv nicht ausschließen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) Berlin verzeichnete in ihrem Jahresbericht 2023 rund 1270 antisemitische Übergriffe, darunter einen Brandanschlag auf ein jüdisches Gemeindezentrum in der Stadt.

Auch deshalb ist Wegner gleich ins Kanaan gekommen. Das Restaurant „stellt sich explizit gegen Antisemitismus, Rassismus, Homophobie und Transphobie“, sagte der CDU-Politiker und wünschte sich mehr solcher Orte in Berlin. Wegner: „Es geht um Respekt und Miteinander. Wenn all diese Werte angegriffen werden, müssen wir da sein.“ 

„Der richtige Weg“

Im Kanaan versuchen sie sich weiter in Normalität. Servieren Knödel gewürzt mit Minze, Falafel und natürlich Hummus. Und wer daheim nachkochen möchte, für den steht „Kanaan. Das Kochbuch“ bereit. David scheint es eher noch ernster zu nehmen, mit dem Anspruch auf Verständigung und Ausgleich. In der Zeitung „Jüdische Allgemeine“ betonte er: „Wir arbeiten hier alle zusammen, Palästinenser, Muslime, Juden, Christen, Buddhisten, einfach alle. Wir haben eine Vision, unsere Vision – und wir glauben an das Zusammen, dass das, was wir machen, der richtige Weg ist. Trotzdem sind wir alle schockiert.“