Die Ermittlungen zum geplanten Anschlag auf die nun abgesagten Taylor-Swift-Konzerte in Wien laufen auf Hochtouren. Die große Frage ist, ob sich in der Täterschaft ein Muster ausmachen lässt. Terrorismus-Forscher Peter Neumann erkennt im „unheimlichen Aufstieg der TikTok-Dschihadisten“ eine neue Bedrohungslage.
„Sehr junge Teenager“
Er sieht eine Gefahr in „sehr jungen Teenagern, die kaum noch Interesse an Ideologie haben, sich im Internet radikalisieren und anschließend entweder als Einzeltäter oder als Teil von virtuellen Gruppen terroristische Anschläge durchführen wollen“, schreibt er in einem aktuellen Blog-Beitrag.
Dass Terroranschläge mittlerweile immer häufiger von jungen Menschen verübt oder geplant werden, ist durch eine auf CNN veröffentlichte akademische Studie belegt: Fast zwei Drittel der Festnahmen in Europa im Zusammenhang mit dem „Islamischen Staat“ (IS/ISIS) in den vergangenen neun Monaten betrafen Teenager. Diese scheinen einerseits besonders beeinflussbar. Und: „Wer würde einen 13-Jährigen für einen Terroristen halten?“, stellt Neumann die große Frage.
Der Professor am King‘s College in London: „Radikalisierte bauen sich aus ideologischen Versatzstücken, die sie in Online-Subkulturen gefunden haben, ihr eigenes Ideengebäude zusammen. Dies ist häufig mit einer allgemeinen Verrohung verbunden. Der Chef des österreichischen Verfassungsschutzes Omar Haijawi-Pirchner drückte es so aus: ‚Was da passiert, ist mehr Gewaltfantasie als Ideologie.‘“ Teenager würden über Social-Media-Plattformen wie TikTok rekrutiert und durch Algorithmen in „Blasen“ im Internet geraten, wo jihadistische Anwerber sie erreichen können.
Terrorismusforscher Neumann sieht eine wachsende Gefahr und fordert die Behörden auch dazu auf, sich in ihrer Arbeit in vielerlei Hinsicht dem Täterprofil anzupassen: „Meine Befürchtung ist, dass wir in den nächsten Monaten und Jahren noch viel von den TikTok-Dschihadisten hören werden. Sicherheitsbehörden und Präventionsanbieter sollten dieses Thema bereits jetzt auf dem Schirm haben.“ Sowohl Aufklärung uns Strafverfolgung als auch Prävention benötigten ob der neuen Täterdemografie andere Instrumente und müssen anders vorgehen als bei Erwachsenen.
Zahl der Attacken vervierfacht
Die neuesten Europol-Daten zeigen, dass sich die Zahl der Anschläge und geplanten Angriffe seit dem Jahr 2022 insgesamt mehr als vervierfacht hat. Als Beispiele für noch sehr junge Täter führt Neumann eine brutale Messerattacke eines 15-Jährigen in Zürich und eine gewaltbereite virtuelle Teenager-Gruppe an: mit vier Mitgliedern aus den deutschen Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sowie drei aus der deutschsprachigen Schweiz an, von denen – mit der Ausnahme eines 18-jährigen – alle erst 15 oder 16 Jahre alt waren.
Nach der Absage der Taylor-Swift-Konzerte in Wien wegen eines islamistischen Anschlagsplans hat unterdessen die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auf eine weiter hohe Terrorgefahr auch in Deutschland verwiesen. „Die aktuellen Ermittlungen in Wien zeigen, wie ernst die Bedrohung durch islamistischen Terror in Europa zu nehmen ist“, sagte sie. „Unsere Sicherheitsbehörden tauschen sich mit den österreichischen Behörden eng aus.
„Unsere Sicherheitsbehörden tauschen sich mit den österreichischen Behörden eng aus.““, betonte Faeser.