Damit hat der 84-Jährige wohl nicht mehr gerechnet: Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus wird die Übergangsregierung nach dem Rücktritt der autoritären Langzeit-Premierministerin Sheikh Hasina leiten. Er will Bangladesch jetzt in eine Demokratie führen. Das war der Wunsch der Studierenden, die mit ihren Protesten den politischen Umsturz in Dhaka herbeiführten. Nach dem Übergangsprozess will Yunus jedoch nicht in der Politik bleiben.

„Die Armut machen nicht die Armen. Jeder arme Mensch hat Fähigkeiten und Kreativität, nur erlaubt das derzeitige System nicht deren Entfaltung“, sagte Muhammad Yunus einst in einem Interview mit der Kleinen Zeitung im Jahr 2011. Der bengalische Ökonom erhielt 2006 den Friedensnobelpreis für seine Idee, Mikrokredite an die Ärmsten zu vergeben und damit die soziale und wirtschaftliche Entwicklung von unten zu fördern. Der 1940 geborene Sohn eines Goldschmieds wurde mit nur 33 Jahren Wirtschaftsprofessor. Nach der Hungersnot 1974 begann er, sich der Armutsbekämpfung zu widmen. 1976 startete Yunus ein Experiment: Er verlieh 27 Dollar an 42 bitterarme Korbflechterinnen – ohne Sicherheiten, aber mit Zinsen. Zu seiner Überraschung konnten die Darlehen zurückgezahlt werden, Kleinstunternehmen wurden aufgebaut – die Idee der Mikrokredite war geboren. 1983 gründete Yunus die Grameen-Bank, die bald Millionen von Menschen in Bangladesch unterstützte, das Konzept fand weltweit Nachahmer – 2006 bereits in über 100 Ländern.

Frühere Ausflüge von Yunus in die Politik verliefen wenig erfolgreich: 2007 hinderte ihn Sheiksh Hasina daran, eine eigene Partei zu gründen. Er gilt als politischer Widersacher von Hasina. Vergangenen Jänner wurde Yunus wegen Korruption verurteilt, durfte aber gegen Kaution frei bleiben. Er wies die Anschuldigungen als politisch motiviert zurück.