Schon jetzt hat Donald Trump Geschichte geschrieben: Er ist der erste Ex-US-Präsident, der strafrechtlich verurteilt wurde. Ein New Yorker Gericht hat ihn schuldig befunden, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. Doch das ist nicht das einzige Verfahren, mit dem sich der republikanische Präsidentschaftskandidat konfrontiert sieht. Die Liste der Vergehen, derer Donald Trump geklagt wird, ist lang: Sie reichen von Betrug über Verleumdung bis hin zu Vergewaltigung und Wahlmanipulation. Es könnte also noch weitere Termine bis zur US-Präsidentschaftswahl im November 2024 auf den 78-Jährigen zukommen, an denen er sich vor Gericht verantworten muss. Da ist die Übersicht schnell verloren. In welchen Prozessen bereits Entscheidungen gefallen sind, und in welchen diese noch ausstehen - ein Überblick.

Noch immer hat Donald Trump die Wahlniederlage gegen Joe Biden aus dem Jahr 2020 nicht offiziell eingestanden, die Mär der „gestohlenen“ Wahl geistert bei Trump-Anhängern weiterhin durch alle verfügbaren Kanäle. Im US-Bundesstaat Georgia soll Trump den Wahlleiter Brad Raffensberger telefonisch sogar aufgefordert haben, die fehlenden 11.780 Wählerstimmen für seinen Sieg irgendwie „zu finden“. Deswegen werden Donald Trump und seine Helfer wegen Einflussversuchen bei der Wahl 2020 geklagt. Der Vorwurf der leitenden Staatsanwältin Fani Willis lautet: Trump und seine Mithelfer sollen versucht haben, das Wahlergebnis umzustoßen, dazu eine kriminelle Vereinigung gebildet haben, sowie der Verstoß gegen den Racketeering Influenced and Corrupt Organizations Act (Rico) des Staates Georgia. Insgesamt sind es zehn Anklagepunkte.

Staatsanwältin Willis stand zuletzt im Mittelpunkt, weil sie mit einem der Sonderermittler ein intimes Verhältnis hatte. Das nutzten Trumps Anwälte, um Willis einen Interessenskonflikt zu unterstellen und das Verfahren zu verzögern. Mit Erfolg: Das Verfahren liegt seit Juni endgültig auf Eis. Denn ein Berufungsgericht im Bundesstaat Georgia verfügte, dass das Procedere zu der strafrechtlichen Anklage wegen illegaler Wahlmanipulation aufgrund eines Streits um die mit dem Fall befasste Oberstaatsanwältin für unbestimmte Zeit ausgesetzt wird. Eine Anhörung dazu wird erst im Dezember stattfinden. Das bedeutet, dass das Verfahren nicht mehr vor der Wahl am 5. November aufgenommen wird.

Im Falle eines Schuldspruchs könnte sich ein erneut gewählter Präsident Trump - anders als bei den Prozessen auf Bundesebene - übrigens nicht selbst begnadigen. 

In diesem Prozess auf Bundesebene wirft Sonderermittler Jack Smith Donald Trump vor, dass dieser bereits vor den sogenannten „Capitol Riots“, dem Sturm auf das Kapitol in Washington D.C. am 6. Januar 2021, die Ergebnisse seiner Wahlniederlage gegen Präsident Joe Biden kippen wollten. Dazu sollen, so die Anklage, Trump und seine Mithelfer, gezielt und wissentlich Lügen über einen möglichen Wahlbetrug - Stichwort „die gestohlene Wahl“ - in Umlauf gebracht haben. Damit sollten Beamte wie z. B. Wahlleiter so unter Druck gesetzt werden, dass sie den Sieg Bidens nicht bestätigten. Auch seinen damaligen Vize Mike Pence soll Trump bedrängt haben, die zeremonielle Auszählung der Wahlleutestimmen zu verhindern. Der Prozess soll unter anderem klären, welche Verantwortung der ehemalige US-Präsident dafür trägt. Trump drohen Gefängnisstrafen von jeweils bis zu 20 Jahren.

Der Prozess, der am 4. März hätte beginnen sollen, lag mehrere Monate auf Eis, weil zunächst auf das Urteil zur Immunitätsfrage Trumps während seiner Zeit als US-Präsident vom obersten Gerichtshof geklärt werden musste. Inzwischen urteilte der mehrheitlich von konservativen Richtern besetzte Supreme Court, dass Trump zwar keine vollständige Immunität für die Handlungen während seiner Zeit als Präsident genießt, aber der Schutz vor Strafverfolgung sehr weitgehend ist. Ein Erfolg für Trump, auch wenn dieser eigentlich eine „absolute Immunität“ beansprucht.

Nun kommt wieder Bewegung in den Fall. Die zuständige US-Bezirksrichterin Tanya Chutkan, die den Fall der Wahlbeeinflussung des ehemaligen Präsidenten Donald Trump auf Bundesebene überwacht, hat für den 16. August eine Anhörung anberaumt. Der Ex-Präsident muss nicht daran teilnehmen.

Die wichtigste Frage, die Tanya Chutkan nun zu verantworten hat, ist die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs auf die Vorwürfe in Trumps Strafverfahren anzuwenden. Dazu gehört auch die Frage, ob es sich bei Trumps Handlungen um „amtliche Handlungen“ oder privates Verhalten handelte, das strafrechtlich verfolgt werden kann.

Die Publizistin E. Jean Carroll warf Trump 2019 erstmals öffentlich vor, dass er sie 1996 in einem New Yorker Kaufhaus in einer Umkleidekabine vergewaltigt habe. Trump, zu diesem Zeitpunkt noch Präsident, wies die Vorwürfe zurück: Die Anschuldigungen seien gelogen und Carroll nicht sein Typ. E. Jean Carroll verklagte ihn daraufhin wegen Verleumdung, später erneut wegen Verleumdung und der mutmaßlichen Vergewaltigung.

Hier gibt es bereits Entscheidungen des Gerichts. Wegen Verleumdung und sexuellen Missbrauchs wurde Trump in einem ersten Prozess 2023 zu fünf Millionen Dollar Schadenersatz und Schmerzengeld verurteilt. Im Jänner hatte ein New Yorker Gericht Trump in einem Zivilprozess zudem wegen Verleumdung zu einer Schadenersatzzahlung von mehr als 80 Millionen US-Dollar an die Autorin E. Jean Carroll verurteilt. Der Republikaner legte Berufung ein, musste aber beim Gericht eine Art Kaution von mehr als 90 Millionen US-Dollar hinterlegen.  Anfang März wurde die Kaution hinterlegt, damit die von seinen Anwälten eingereichte Berufung gegen das Verleumdungsurteil geprüft wird.

Trump ist der erste Ex-Präsident, der jemals wegen einer Straftat schuldig gesprochen wurde. Denn im Strafprozess um Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels gibt es den Schuldspruch bereits - wenn auch noch kein Urteil. Die Geschworenen haben den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump in allen 34 Anklagepunkten schuldig gesprochen.

Hintergrund des Falls ist, dass Trump 2016 kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 130.000 Dollar Schweigegeld an Daniels zahlen ließ. Damit habe er seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentenwahl 2016 verbessern wollen. Daniels hatte in dem Verfahren ausgesagt, sie habe im Jahr 2006 in Trumps Hotel-Suite am Lake Tahoe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet das. Schweigevereinbarungen zwischen zwei Parteien sind nicht grundsätzlich illegal. Trump wird aber vorgeworfen, er habe die Zahlungen unrechtmäßig verbucht, sie auf illegale Weise zu verschleiern versucht und damit andere Gesetzesverstöße vertuschen wollen. Trump plädiert in dem Prozess auf nicht schuldig.

Der Ex-Präsident wurde Ende Mai von einer New Yorker Jury der Fälschung von Geschäftsdokumenten zur Vertuschung einer Schweigegeldzahlung an die frühere Pornodarstellerin Stormy Daniels schuldig gesprochen. Seine Strafe in diesem Fall wurde aber noch nicht verkündet, ein Termin dafür ist für den 18. September angesetzt - auch wegen der Immunitäts-Entscheidung des Supreme Courts.

Das soll es ermöglichen, das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Montag zu berücksichtigen, mit dem Trump strafrechtliche Immunität für „offizielle“ Handlungen während seiner Präsidentschaft eingeräumt worden war. Der New Yorker Fall ist allerdings anders gelagert, weil er in erster Linie Trumps Handlungen als Präsidentschaftskandidat vor der Wahl 2016 betrifft. Trump war mit der Argumentation, dass der Fall seine Präsidentschaft betreffe, bereits in der Vergangenheit gescheitert.

Ihm drohen - auch wenn das unwahrscheinlich ist - eine mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Der Republikaner kann selbst bei einer rechtskräftigen Verurteilung bei der Präsidentenwahl im November antreten. Seine Anwälte kündigten an, nach der Strafmaßbekanntgabe in Berufung zu gehen.

Podcast zum Schuldspruch

Noch nicht zur Gänze ausgefochten ist das Verfahren um die Mitnahme vertraulicher Regierungsdokumente nach seiner Zeit als Präsident in Trumps Privatresidenz Mar-e-Lago in Florida. In der Affäre hat die zuständige Richterin zwar das Strafverfahren am 15. Juli 2024 eingestellt. Richterin Aileen Cannon (US-Staat Florida) begründete die Entscheidung mit Zweifeln an der rechtmäßigen Ernennung des Sonderermittlers Jack Smith in diesem Fall. Kritik an der Entscheidung von Richterin Aileen Cannon wurde laut, weil Trump sie einst ernannt. Auch warfen ihr Kritiker in den vergangenen Monaten vor, das Verfahren zu verschleppen und Anträge in Zeitlupe zu bearbeiten.

Sicher ist, Smith wird Berufung gegen die Einstellung des Verfahrens einlegen. Das Justizministerium hat den Sonderermittler dazu autorisiert. Dieser hat nun bis zum 27. August Zeit, die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Danach steht Trumps Anwälten eine Frist von 30 Tagen zu, um zu entgegnen. Sonderermittler Smith hat dann wiederum 21 Tage Zeit, um darauf zu antworten. Sollte das zuständige Bezirksgericht entscheiden, das Strafverfahren gegen Trump wiederaufzunehmen, könnte dieser wiederum vor das Oberste Gericht der USA ziehen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass eine Entscheidung vor der US-Präsidentschaftswahl, die am 5. November stattfindet, getroffen wird.

Bei einer Durchsuchung von Trumps Anwesen in Florida im August 2022 beschlagnahmte die Bundespolizei FBI 13.000 Dokumente. Etwa 100 davon waren als Verschlusssache markiert und einige als streng geheim. Trump wurde im Juni 2023 wegen des unrechtmäßigen Besitzes von Dokumenten zur nationalen Sicherheit aus seiner Zeit als Präsident (2017 bis 2021) angeklagt. Vorgeworfen wird Trump auch eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen: So soll er versucht haben, mithilfe von Mitarbeitern Material aus Überwachungskameras verschwinden und Kisten mit Dokumenten wegschaffen zu lassen.

Der New Yorker Richter Arthur Engoron sprach Trump im September 2023 des Betrugs schuldig. In dem Verfahren waren Trump und seine Söhne Eric und Donald Jr. für schuldig befunden worden, über Jahre hinweg die Vermögenswerte ihres Immobilienimperiums künstlich aufgebläht zu haben, um von Banken und Versicherungen günstige Konditionen zu bekommen. Im Februar setzte der Richter die Strafe auf 354,9 Millionen Dollar plus Zinsen fest. Die Summe belief sich auf fast 500 Millionen Dollar.

Trump hat Berufung eingelegt, weswegen er die Strafe vorerst nicht zahlen, jedoch die von einer Versicherungsgesellschaft gedeckte Sicherheitsleistung - die einer Kaution gleichkommt - erbringen musste. Damit kann es zum Berufungsverfahren kommen.
Ursprünglich war Trump eine Kautionssumme von 454 Millionen Dollar auferlegt worden. Seine Anwälte hatten jedoch vergangenen Monat mitgeteilt, dass der Milliardär dazu nicht in der Lage sei. Hintergrund ist, dass der größte Teil von Trumps Vermögen in Immobilien gebunden ist und ihm nicht in Barmitteln unmittelbar zur Verfügung steht. Ein Berufungsgericht in New York kürzte die zu erbringende Sicherheitsleistung daraufhin deutlich auf 175 Millionen Dollar. Diese hatte Trump am 1. April hinterlegt und war damit Zwangsmaßnahmen der New Yorker Staatsanwaltschaft wie einer Sperrung von Konten oder Pfändung von Immobilien entgangen.

Ruhe herrscht jedoch auch in diesem Verfahren nicht. Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James hat nämlich die Annullierung der hinterlegten Sicherheitsleistung gefordert. Die Forderung wird damit begründet, dass das Unternehmen, das die Sicherheitsleistung garantiert, zu klein und undurchsichtig sei. Anstatt „eine große nationale Versicherungsgesellschaft zu wählen, die in New York zugelassen ist“, Erfahrungen im Bereich Sicherheitsleistungen habe und deren „Liquidität weit mehr als 175 Millionen Dollar beträgt“, habe Trump einen „kleinen Versicherer“ vorgezogen. Dieser sei nicht berechtigt, in New York Geschäfte zu tätigen, und verfüge über eine Gesamtliquidität von 138 Millionen Dollar.