Wegen einer Stellungnahme an den Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) bezüglich der Strafverfolgung des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu bestehen in der türkis-grünen Koalition laut einem Medienbericht Reibereien. Während die ÖVP sich für einen sogenannten Amicus-Curiae-Brief ausspricht, ist es für die Grünen eine Frage der Zuständigkeit, wie das Nachrichtenmagazin „profil“ am Dienstag berichtete.
Vertragsstaaten können Stellung nehmen
Im vergangenen Mai hatte der IStGH Anträge auf Haftbefehle gegen Netanjahu, seinen Verteidigungsminister Yoav Galant sowie gegen die drei ranghöchsten Hamas-Führer wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingebracht. Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bezeichnete laut „profil“ den Antrag gegen Netanjahu als „befremdlich und nicht nachvollziehbar“.
Auch wenn die Entscheidung bei den Richtern des IStGH liegt, können die 124 Vertragsstaaten rechtliche Stellungnahmen einbringen. „Die Anhörung der Rechtsmeinungen von Vertragsparteien zu zentralen Rechtsfragen kann dem Gerichtshof dabei helfen, zusätzliche Sichtweisen zu erhalten und dadurch rechtlich möglichst fundierte und begründete Entscheidungen in unabhängiger und unparteiischer Weise zu treffen“, so das Bundeskanzleramt laut dem Nachrichtenmagazin.
Kogler steht IStGH „positiv gegenüber“
Voraussetzung dafür sei die Benennung eines Prozessvertreters, ein Beschluss der Bundesregierung und die Unterschrift des Bundespräsidenten, heißt es in dem Bericht. Doch der grüne Koalitionspartner wolle keine Stellungnahme abgeben, moniere die ÖVP. „Der mangelnde Wille des Koalitionspartners hat verhindert, dass Österreich seine Rechtsposition darlegt und damit einen wichtigen Beitrag zur Rechtsfindung durch das Gericht leistet.“
„Die ÖVP ist kurzfristig an uns herangetreten, eine Prozessvollmacht im Rahmen eines Ministerratvortrags für die Abgabe einer rechtlichen Stellungnahme in der Bundesregierung zu beschließen. Diese hätte auf die Unzuständigkeit des IStGH in Hinblick auf den Premier- und den Verteidigungsminister Israels abgestellt. Eine entsprechende inhaltliche Einschätzung zur Erarbeitung einer solchen gemeinsamen Stellungnahme ist zu diesem Zeitpunkt und in der kurzen Zeit unrealistisch erschienen“, bestätigte das Büro von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gegenüber der APA den Bericht. Österreich stehe nach dem Terror vom 7. Oktober solidarisch an der Seite Israels. Es gehe hier nicht um „Pro oder Contra“ Israels, sondern um die Verantwortlichkeit von Einzelpersonen. „Wir stehen den Einrichtungen des IStGH grundsätzlich positiv gegenüber und gehen davon aus, dass dieser die aufgeworfenen Fragen im Sinne des Internationalen Rechts entscheidet“, so das Büro des Vizekanzlers.