Jetzt wird es ernst: Wen wird die nun auch offizielle demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris zu ihrem Vize machen? Die beiden werden dann zusammen in den Wahlkampf ums Weiße Haus ziehen und sich gemeinsam auf dem Parteitag der Demokraten Mitte August präsentieren. Am Wochenende konnte sie bei der digitalen Abstimmung der Demokraten offiziell die Mehrheit der Delegierten hinter sich versammeln. Laut „New York Times“ lud Harris in ihre Residenz im Naval Observatory in Washington am Sonntag nacheinander die drei aussichtsreichen Kandidaten, um den geeigneten Kandidaten zu finden.
Dass Harris einen weißen Mann aussucht, für Wähler, die mit einer halb-schwarzen Präsidentin fremdeln, gilt damit als fix. Manche Demokratinnen fordern allerdings, dass Harris mit Gretchen Whitmer antritt, der populären Gouverneurin von Michigan. Doch dass die USA wirklich reif sind für zwei Frauen, ist nicht so sicher.
Harris war Senatorin und es ist nicht unüblich, dass Senatoren, die Präsident werden wollen, einen Gouverneur aussuchen, der Regierungserfahrung hat. Von denen gibt es auch einige. Oft genannt wird Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania. Shapiro, der als Moderater gilt, steht fest im Camp der Israelverteidiger, das freut die Evangelikalen. Andererseits, Shapiro ist jüdisch, während Harris zwar getauft ist, aber als Kind eine schwarze Kirche und einen Hindutempel besucht hat. Ihr Mann wiederum ist jüdisch. Vielleicht ist das ein bisschen zu viel religiöse Diversität für Amerikaner.
Video: Wer ist Kamala Harris?
Gute Chancen hat auch Andy Beshear, der Gouverneur von Kentucky, der bereits einmal wiedergewählt wurde. Beshear, Sohn des früheren Gouverneurs Steve Beshear, ist protestantischer Christ. Auch das würde ihm gegen Trump helfen, der seit seinem Attentat Gott gefunden hat. Der studierte Jurist, der zuvor Generalstaatsanwalt war, tritt für das Recht auf Abtreibung ein und hat sich mit Pharmafirmen angelegt. Zuvor hat er als Anwalt eine Firma vertreten, die per Pipeline Flüssiggas durch Kentucky geleitet hat. Das war bei Umweltschutzgruppen umstritten, andererseits wirbt Trump um Wähler, denen er billige heimische Energie verspricht.
Kentucky und Pennsylvania sind „battleground states“ des Rust Belts, die heiß umkämpften Staaten des alten Industriegürtels. Für die Demokraten ist es insbesondere wichtig, das bevölkerungsreiche Pennsylvania zu gewinnen. Ähnlich North Carolina, dessen Gouverneur Roy Cooper ebenfalls gehandelt wird. Cooper ist allerdings mit 67 relativ alt, außerdem könnte er den Staat an einen Republikaner verlieren, wenn er mit Harris ins Weiße Haus geht.
Auch JB Pritzker, der Illinois regiert, könnte Vize werden. Illinois, ein bevölkerungsreicher Staat, aus dem auch Barack Obama stammt, ist zwar eine sichere Bank für die Demokraten, aber Pritzker ist Milliardär, der die gesamte Wahlkampagne selber bezahlen könnte; etwas, was Trump mysteriöserweise nicht stemmt. Pritzker ist für Waffenkontrolle und das Recht auf Abtreibung.
Ob aber Harris überhaupt einen Gouverneur braucht, ist nicht ausgemacht. Als Vizepräsidentin hat sie eine gewisse Regierungserfahrung. Deshalb wird auch über Senatoren geredet, allen voran Mark Kelly aus Arizona, der Favorit der „Washington Post“. Nicht nur ist Arizona ein Swing State, wo die Wechselwähler wohnen; Kelly, als ehemaliger Astronaut ein angesehener Mann, ist auch durch seine Kampagne für Waffenkontrolle bundesweit bekannt. Seine Frau, die Abgeordnete Gabby Giffords, war von einem Waffennarren angeschossen und schwer verletzt worden. Arizona grenzt an Mexiko, deshalb hat Kelly auch Verständnis für die Sorgen der Bürger vor einer offenen Grenze.
Gehandelt werden Tim Walz, der Gouverneur von Minnesota, ebenfalls ein Swing State. Walz gilt als Progressiver; er hat etwa kostenlose Schulmahlzeiten eingeführt. Auch Wes Moore, der erste schwarze Gouverneur von Maryland, ist progressiv. Mögliche Kandidaten wären auch zwei Leute aus dem Team von Joe Biden, Handelsministerin Gina Raimondo und Verkehrsminister Pete Buttigieg. Aber Buttigieg, der offen homosexuell ist, hat wenig Akzeptanz bei nicht-weißen Wählern.
Ausgeschlossen ist allerdings Gavin Newsom, der Gouverneur von Kalifornien, denn Präsident und Vize müssen aus verschiedenen Staaten kommen.