Nach Israels Luftangriff auf den Militärchef der islamistischen Hamas im Gazastreifen will die Terrororganisation dessen Schicksal nach Angaben der israelischen Armee geheim halten. „Es ist noch zu früh, um auf die Ergebnisse des Schlags zu schließen, die die Hamas zu verbergen versucht“, sagte der israelische Generalstabschef Herzi Halevi. Die Armee hatte Mohammed Deif am Samstag bei Khan Younis im Süden Gazas angegriffen. Dutzende Menschen kamen dabei um.


Ob auch Deif getötet oder verletzt wurde, ist unklar. Es sei „sehr schwer zu glauben“, dass jemand den Angriff überlebt habe, zitierte das „Wall Street Journal“ Yossi Kuperwasser, ehemaliger Leiter der Forschungsabteilung des israelischen Militärgeheimdienstes. Es könne aber noch Tage oder Wochen dauern, bis Israel genügend Informationen habe, um sicher sagen zu können, was mit Deif geschehen ist. Israels Armee hatte im März die Tötung von Deifs Stellvertreter Marwan Issa erst zwei Wochen nach einem Luftangriff auf ihn bestätigt. Die Hamas dagegen bestätigte Issas Tod nie.


Ein Hamas-Vertreter in Beirut bestritt am Sonntag, dass Deif getötet worden sei. Der Chef der Hamas-Brigaden wird oft das „Phantom“ genannt. Er soll mindestens sieben israelische Anschläge überlebt haben. Israel dürfte daher besonders sorgfältig vorgehen, um festzustellen, ob Deif diesmal getötet wurde, sagte Kuperwasser. Ein Foto seiner Leiche wäre aussagekräftiger als Geheimdienstinformationen. Deif ist Stellvertreter des Hamas-Chefs in Gaza, Jihia al-Sinwar. Israel verfolgt das Ziel, beide gefangen zu nehmen oder zu töten.

Luftangriffe auf Schulen

Am gleichen Tag griff Israel eine Schule im Flüchtlingslager Nuseirat im südlichen Gazastreifen an. Dabei sind nach Angaben der Zivilschutzbehörde 15 Menschen getötet worden. Bei dem Angriff auf die Abou-Araban-Schule, „welche Tausende Vertriebene beherbergt, wurden 15 Menschen getötet“ erklärte der Sprecher der Behörde, Mahmoud Basal. Die meisten Opfer seien Frauen und Kinder. Es ist bereits der fünfte Angriff auf eine als Flüchtlingsunterkunft genutzte Schule innerhalb einer Woche.


Die israelische Armee erklärte, ihre Luftwaffe habe „mehrere Terroristen“ getroffen, „die in der Nähe des vom UNO-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) betriebenen Schulgebäudes (...) operierten“. Das Gebäude habe als „Versteck“ und Basis für „Angriffe“ auf israelische Truppen gedient, hieß es weiter. Aufnahmen von AFPTV zeigen das dreistöckige Gebäude. Eine Wand mit dem UNO-Logo darauf ist herausgesprengt, die Innenräume sind beschädigt.

Am 6. Juli hatten israelische Flugzeuge die Al-Jawni-Schule in Nuseirat angegriffen, die das UNRWA ebenfalls als Unterkunft betreibt. Laut UNRWA waren dort zu dem Zeitpunkt etwa 2.000 Menschen untergebracht.

Untersuchung gefordert

Am folgenden Tag starben nach Angaben des Zivilschutzes vier Menschen bei einem Angriff auf eine Schule in Gaza-Stadt im Norden des Palästinensergebiets. Am w8. Juli wurde erneut eine Schule in Nuseirat angegriffen. Am Dienstag starben nach Angaben eines Krankenhauses mindestens 29 Menschen bei einem Angriff auf die Al-Awda-Schule in Khan Younis im südlichen Gazastreifen. Die Europäische Union, Frankreich und Deutschland haben am Mittwoch eine Untersuchung der Luftschläge auf Schulen gefordert.


Israel wirft der Hamas vor, Schulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen für militärische Zwecke zu nutzen und erklärte, die Angriffe richteten sich gegen „Terroristen“. Die Hamas bestreitet die Anschuldigungen.


Der Krieg im Gazastreifen war durch einen Großangriff von Kämpfern der Hamas und weiterer militanter Palästinensergruppen auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden. Dabei waren nach israelischen Angaben 1.195 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.


Als Reaktion auf den Überfall geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bisher mehr als 38.340 Menschen getötet.