Die USA und weitere NATO-Staaten wollen der Ukraine zusätzliche Ausrüstung zur Abwehr russischer Luftangriffe liefern. Das kündigte US-Präsident Joe Biden bei einem Festakt zum 75-jährigen Bestehen des Verteidigungsbündnisses in Washington an. In einem gemeinsamen Statement der USA und mehrerer Partner war auch die Rede von „zusätzlichen“ Patriot-Luftabwehrsystemen.

Außerdem sollten Dutzende taktischer Luftabwehrsysteme - etwa vom Typ Nasams oder Iris-T - an Kiew gehen, hieß es darin weiter. „Diese Systeme werden die Luftverteidigung der Ukraine weiter ausbauen und stärken.“ Die gemeinsame Erklärung kam unter anderem von den USA, Deutschland, den Niederlanden, Rumänien und Italien.

Nicht mit dabei in Washington - trotz Einladung - ist Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Im Ö1-Morgenjournal rechtfertige er die Abwesenheit mit dem Besuch des indischen Premierministers Narendra Modi. Das sei ein „Stürmchen im österreichischen medialen Wasserglas“ und keine Abwendung von der NATO, so Schallenberg. Der Besuch von Modi in Österreich sei der erste dieser Art seit 40 Jahren. Und Indien gehöre zu den größten und bedeutendsten Volkswirtschaften der Erde. Außerdem würden auch andere Staaten dem NATO-Gipfel fernbleiben, etwa Irland und die Schweiz. Eine Vertretung Schallenbergs sei zudem von der NATO nicht zugelassen worden. Als eine Entfernung von der NATO will Schallenberg das Fernbleiben jedenfalls nicht verstanden wissen.

Zusätzliche Abfangjäger

Biden sagte bei seiner Rede vor den Staats- und Regierungschefs, die Ukraine solle im Laufe des nächsten Jahres auch Hunderte zusätzliche Abfangjäger bekommen, um die ukrainischen Städte vor russischen Raketen zu schützen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte in den vergangenen Monaten eindringlich gemahnt, dass weitere Patriot-Systeme nötig seien, um die ukrainischen Städte und Ballungsräume zu schützen.

Die USA hatten bisher bereits ein Patriot-System für die Ukraine bereitgestellt. Biden hatte die Lieferung vor rund eineinhalb Jahren genehmigt, als Selenskyj zu seiner ersten Auslandsreise seit Beginn des russischen Angriffskriegs in die USA gereist war. Die US-Regierung liefert der Ukraine außerdem regelmäßig Patriot-Raketen.

Kiew hat nach eigenen Angaben bisher insgesamt vier Patriot-Systeme erhalten. Drei davon hat Deutschland bereitgestellt. Ein weiteres wurde unter anderem von Rumänien in Aussicht gestellt.

Das Patriot-Flugabwehrraketensystem zählt zu den modernsten der Welt. Mit ihm werden feindliche Flugzeuge, ballistische Raketen und Marschflugkörper bekämpft. Auf eine Entfernung von etwa 100 Kilometern und bis in Höhen von 30 Kilometern können die Abwehrraketen in einer gedachten Glocke um die Stellung Ziele treffen - abhängig vom eingesetzten Lenkflugkörper. Mit einem Radar stuft das Patriot-System zunächst ein, welche Flugobjekte am Himmel zum Feind gehören. Im Bedrohungsfall feuern Soldaten im Leitstand die Lenkflugkörper ab, um die Ziele unschädlich zu machen.

Gipfel während US-Wahlkampf

Der Krieg in der Ukraine gehört zu den Hauptthemen beim NATO-Gipfel in Washington. Die Staats- und Regierungschefs der 32 Mitgliedsstaaten des Verteidigungsbündnisses feiern dort das 75. Jubiläum der NATO.

Das Treffen fällt in die heiße Phase des US-Wahlkampfs. Im November finden in den USA Präsidentschaftswahlen statt. Biden kämpft nach seinem TV-Debakel gegen Herausforderer Donald Trump an allen Fronten, um seine Kandidatur für die Wahl zu retten. Er hatte vor einer Woche bei dem abendlichen Fernsehduell einen desaströsen Auftritt hingelegt, sich mehrfach versprochen und den Faden verloren. Nach dem Auftritt entbrannte in den USA in ganz neuem Ausmaß eine Debatte darüber, ob Biden der richtige Kandidat der Demokraten für die Präsidentenwahl im November ist.