Narendra Modi hat dieser Tage viel zu tun. Zu Wochenbeginn reiste der indische Premierminister nach Moskau, wo er sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin traf. Dienstagabend flog er nach Wien, um am Mittwoch Bundeskanzler Karl Nehammer und Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu besuchen. Neben dem Treffen mit Nehammer steht auf Modis Besuchsprogramm auch ein indisch-österreichisches Wirtschaftsforum in der Hofburg. Mit einem bilateralen Handelsvolumen von rund 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 zählt Indien laut dem Bundeskanzleramt zu den wichtigsten Handelspartnern Österreichs außerhalb der EU. Der 73-jährige Staatsgast wird von einer Delegation begleitet, die rund 120 Personen umfasst, darunter sein Außenminister Subrahmanyam Jaishankar, Berater und Wirtschaftsvertreter
Modis Reiseplan ist ein Sinnbild für sein Politikverständnis: Der Regierungschef der größten Demokratie der Welt will sich nicht festlegen. Er bewegt sich lieber zwischen den Linien, als sich auf eine Seite zu schlagen. Am liebsten macht sich Modi keine Feinde und profitiert von allen.
Modis Interessen, nicht die des Westens, stehen im Zentrum
Bei beiden Besuchen steht die Intensivierung wirtschaftlicher Kontakte der jeweiligen Gastgeberländer mit Indien im Zentrum. Ganz nach dem Geschmack Modis, unter dessen Regentschaft sich Indien rasant entwickelt. Mumbai wurde beispielsweise zur Finanz- und Börsenmetropole. Die Wirtschaft im einst so armen Land wuchs über die Jahre dynamisch – auch dank enger Kontakte zu westlichen Ländern und Russland, das einer der größten Partner der Modernisierung Indiens gewesen ist. Die indischen Eliten haben das nicht vergessen und sind dem flächenmäßig größten Land der Welt nach wie vor dankbar.
Kommentar zum Thema
Kein Wunder also, dass auch Modi am liebsten auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzt. Neben den wirtschaftlichen Kontakten sind auch die Militärbeziehungen zwischen Indien und Russland eng, der Ukraine hat man dennoch Hilfe zugesichert. Für Modi ist all das kein Widerspruch. Kanzler Nehammer spricht indes von einem „wichtigen Signal für eine breite Friedensinitiative“, das Modi mit seinem Besuch sendet.
Im Westen wünscht man sich, dass Indien – als Mitglied der BRICS-Allianz – eine aktive Rolle einnimmt, um den Ukrainekrieg zu beenden. Das Land und sein Premierminister haben diese Hoffnung bisher nicht erfüllt. Dass sich das ändert, darf bezweifelt werden. So war Modis Besuch in Moskau über weite Strecken mehr freundschaftlicher Akt als mahnender Appell. Die beiden Staatschefs zeigten sich vertraut, tauschten beim gemeinsamen Tee Nettigkeiten aus. Wie es bei „wahren Freunden“ üblich sei, hätten sie zusammengesessen und sich „über eine Reihe von Themen unterhalten“, sagte Modi nach seinem Besuch. Er sei „glücklich“, dass „wir beide unsere Ansichten bezüglich der Ukraine offen und detailliert darlegen konnten“.
Modi thematisierte aber auch den kurz davor erfolgten Raketenangriff Moskaus auf eine Kinderklinik in Kiew. „Krieg kann keine Probleme lösen“, sagte der indische Regierungschef. „Wir müssen einen Weg zum Frieden durch Dialog finden.“ Wenn unschuldige Kinder ermordet würden, sei der Schmerz „unerträglich“.
Putin lobte seinerseits das politische Engagement Modis. „Sie haben Ihr ganzes Leben dem indischen Volk gewidmet, die Menschen spüren das“, wurde Putin von Tass zitiert. „Sie haben recht, ich habe nur ein Ziel – mein Volk und mein Land“, entgegnete Modi.