Der moderate Politiker Massoud Pezeshkian hat die Präsidentenwahl im Iran gewonnen. Dies gab der Sprecher der Wahlbehörde am Samstag in der Früh im Staatsfernsehen bekannt. Demnach setzte sich der 69-Jährige in einer Stichwahl mit 53,7 zu 44,3 Prozent gegen den Hardliner Said Jalili durch. Pezeshkian hat eine Öffnung des Iran und mehr Freiheiten für die Bevölkerung versprochen. Die Wahl war nach dem Unfalltod des erzkonservativen Präsidenten Ebrahim Raisi notwendig geworden.
Historisch niedrige Wahlbeteiligung
„Mit der Mehrheit der am Freitag abgegebenen Stimmen ist Pezeshkian der nächste Präsident des Iran geworden“, teilte das Innenministerium mit. Videos in den sozialen Medien zeigten, wie Anhänger von Pezeshkian in vielen Städten des Landes auf den Straßen tanzten und Autofahrer seinen Sieg mit Hupen bejubelten. In der nordwestlichen Stadt Urmia, der Heimatstadt des neuen Präsidenten, verteilten die Menschen Süßigkeiten auf der Straße, wie Zeugen berichteten.
Die Wahlen im Iran waren um Mitternacht zu Ende gegangen, nachdem sie dreimal um insgesamt sechs Stunden verlängert worden waren. Die Wahlbeteiligung lag nach Worten der Wahlbehörde bei 49,8 Prozent und damit deutlich über jener der ersten Runde. Die historisch niedrige Wahlbeteiligung in der ersten Runde von 40 Prozent hatten Kritiker und Experten als Misstrauensvotum gegen die Islamische Republik gewertet. Darin spiegelt sich die große Enttäuschung vor allem der jungen Generation, die den Glauben an große innenpolitische Veränderungen verloren hat. Der Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini im Herbst 2022 entfachte landesweite Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem.
Großes Land, große Probleme
Der 69-jährige Pezeshkian war bisher ein eher unscheinbarer Politiker. Er warb im Wahlkampf für neues Vertrauen zwischen Regierung und Volk, das nach gescheiterten Reformversuchen, politischer Repression und einer Wirtschaftskrise von der Politik maßlos enttäuscht ist. Wie viele Politiker des Reformlagers forderte er eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen, auch um das Land zu öffnen und die angeschlagene Wirtschaft anzukurbeln.
Unter der zweiten Präsidentschaft Mohammed Khatamis (2001–2005) sammelte Pezeshkian bereits Regierungserfahrung als Gesundheitsminister. Trotz seiner gemäßigten Worte gilt er als Mann des Systems, stellte sich hinter die mächtigen Revolutionsgarden und lobte den Angriff mit Drohnen und Raketen auf Israel. In den TV-Debatten bezeichnete er sich selbst als wertkonservativen Politiker, der jedoch Reformen für notwendig hält. Sein Kontrahent Jalili galt als eiserner Verfechter der Islamischen Revolution. Er war Chefunterhändler bei den Atomgesprächen und Mitarbeiter des erzkonservativen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad.
Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Der Wächterrat prüft Kandidaten stets auf ihre ideologische Eignung. Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet.