Bei nicht mehr ganz so jungen Technikbegeisterten löst ihr Anblick ein nostalgisches Gefühl aus, die jüngeren kennen sie höchstens noch stilisiert als das Symbol für „speichern“ am Smartphone: die Diskette oder Floppy Disk. Doch im heutigen Alltag spielt das antiquierte Speichermedium keine Rolle mehr. Fast keine. Denn just im technikbegeisterten Japan sorgten alte Vorschriften dafür, dass behördliche Datenübermittlungen in vielen Fällen nur via Floppy Disk möglich waren.

„Kriegserklärung“ gegen Floppy Disks

Doch damit ist jetzt Schluss. „Wir haben den Krieg gegen die Floppy Disks gewonnen“, verkündete Japans Digitalminister Tarō Kōno. Die „Kriegserklärung“ bestand seit 2021 und diese Woche wurden die letzten entsprechenden Regeln abgeschafft – immerhin noch 1034 an der Zahl. Das zuständige Digitalministerium war 2021 gegründet worden, als sich im Zuge der Coronapandemie beim landesweiten Ausrollen der Test- und Impf-Infrastruktur herausstellte, dass die Regierung in vielen Bereichen noch auf Formulare in Papierform und eben Disketten setzt. Von den Regeln betroffen waren auch Betriebe verschiedener Wirtschaftssektoren. So mussten Bergbauunternehmen, Shoppingcenter, Ölfirmen und sogar Spirituosenhändler und Einzelhändler Dokumente auf Disketten speichern und den Behörden schicken. Dabei gilt Japan ansonsten als hoch technisiert und macht immer wieder Schlagzeilen, etwa im Bereich der Robotik. Das Land verfügt über eines der weltweit besten Breitbandnetzwerke.

Trotz allem werden manche Unternehmen weiterhin zumindest teilweise auf Disketten setzen. Ein Beispiel: Der Großteil der traditionellen Textilindustrie Kyotos (die etwa Kimonos herstellt) verwendet weitgehend die exakt gleiche Technologie wie vor drei Jahrzehnten.

Netflix-Film entspricht sieben Meter hohem Diskettenturm

Die erste Diskette wurde 1969 von IBM auf den Markt gebracht. In ihrer zuletzt gängigsten Form (3,5 Zoll) hatten Disketten eine Seitenlänge von knapp neun Zentimetern und eine Speicherkapazität von 1,4 Megabyte. Das entspricht nicht ganz der Datenmenge von einem Handyfoto. Zum Vergleich: Um die Datenmenge eines Netflix-Films zu fassen, wären mehr als 2000 Disketten nötig. Gestapelt wäre dieser Floppy-Disk-Turm gute sieben Meter hoch. Bis in die 1990er-Jahre waren Disketten aus der Welt der Computer nicht wegzudenken. Mit dem Aufkommen effizienterer Speichermedien, wie etwa CDs, wurden Floppy Disks bald obsolet. Sony, einer der wichtigsten Hersteller des antiquierten Speichermediums, hat dessen Produktion bereits im Jahr 2011 komplett eingestellt.

Boeing-Update via Diskette

Auch außerhalb Japans gibt es noch Beispiele für den jüngeren Einsatz von Disketten. So wurden etwa kritische Software-Updates für Boeing-747-Flugzeuge noch 2020 per Diskette eingespielt. Das US-Verteidigungsministerium stellte erst im Juni 2019 wichtige Module ihres Nukleararsenals auf modernere Technik um. Industrielle Nähmaschinen aus den 1990er-Jahren, die für eine jahrzehntelange Nutzung ausgelegt sind, wurden aus Kostengründen oft bis heute nicht umgestellt.

Des Digitalministers „Krieg“ gegen technische Anachronismen ist aber noch nicht zu Ende. Als Nächstes soll es dann den in Japan noch immer weit verbreiteten Faxgeräte an den Kragen gehen.