Eine Odyssee ist zu Ende: WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist nach 14 Jahren juristischer Odyssee in seine australische Heimat zurückgekehrt. Die Chartermaschine vom Typ Bombardier mit dem 52-Jährigen an Bord landete am Mittwochabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Canberra. Der 52-Jährige winkte den wartenden Journalisten zu, küsste seine Frau Stella, umarmte seinen Vater und ging unter Begleitung seiner Anwälte ins Flughafengebäude. In der Öffentlichkeit äußerte sich Assange nicht.
Leitartikel von Thomas Golser
Selbst wolle sich Assange noch nicht öffentlich äußern, machte seine Frau Stella bei einer Pressekonferenz in Canberra deutlich. „Julian wollte, dass ich mich bei allen aufrichtig bedanke. Er wollte hier sein, aber man muss verstehen, was er durchgemacht hat. Er braucht Zeit. Er muss sich erholen“, sagte sie. Sie gab zumindest indirekt Einblicke in Assanges künftiges Wirken: „Julian wird immer die Menschenrechte verteidigen. Er wird die Opfer immer verteidigen. Das hat er immer getan. Und das ist nur ein Teil von ihm. Er ist zutiefst prinzipientreu. Und er bleibt zutiefst prinzipientreu. Und ohne Angst.“
Assange habe dem australischen Regierungschef Anthony Albanese dafür gedankt, ihm das „Leben gerettet“ zu haben, ergänzte die Menschenrechtsanwältin Jennifer Robinson. Albanese, der sich für Assanges Freilassung eingesetzt hatte, sagte seinerseits, Assange habe ihm nach seiner Ankunft telefonisch für diese Bemühungen gedankt.
Mit der Ankunft in Australien endete für Assange eine jahrelange Odyssee infolge der Veröffentlichung geheimer US-Dokumente auf der von ihm gegründeten Enthüllungsplattform WikiLeaks im Jahr 2010. Nachdem er mehr als fünf Jahre in einem britischen Gefängnis und weitere sieben Jahre in der Botschaft Ecuadors in London verbracht hatte, hatten er und seine Unterstützer einen Deal mit den USA ausgehandelt, an dessen Ende für ihn die lang ersehnte Freiheit stand.
Assange hatte sich einem Bezirksgericht auf der US-Pazifikinsel Saipan gestellt und sich in einem Anklagepunkt schuldig bekannt: Er habe rechtswidrig vertrauliche Militärdokumente erhalten und veröffentlicht, während er angenommen habe, dies sei als journalistische Arbeit durch die in der US-Verfassung verbriefte Meinungsfreiheit gedeckt. Das Gericht hatte ihn daraufhin wie vereinbart zu einer gut fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und entschieden, dass er diese bereits durch seine Haftzeit in Großbritannien verbüßt habe.
Mit diesem Urteil scheint es, dass Sie diesen Gerichtssaal als freier Mann verlassen können“, sagte Richterin Ramona V. Manglona. Nach der Gerichtsentscheidung jubelte Assanges Frau Stella in sozialen Netzwerken: „Julian verlässt das Gericht von Saipan als freier Mann. Ich kann nicht aufhören, zu weinen.“ Die 40-jährige Anwältin hatte den Australier 2022 während seiner Haft geheiratet und hat zwei Kinder mit ihm.
Ab 2010 brach die Hölle los
Assange hatte die Enthüllungsplattform WikiLeaks mit der Mission gegründet, Whistleblower zu unterstützen und verborgene Informationen ans Licht zu bringen. Ab 2010 veröffentlichte Wikileaks Geheimmaterial zu US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan. Die USA warfen Assange vor, geheimes Material gestohlen, veröffentlicht und auf diese Weise das Leben von US-Informanten gefährdet zu haben.
Assanges Anwälte sprachen von einem „historischen Tag“. „Ich hoffe, dass die Tatsache, dass es uns heute gelungen ist, Julian Assange trotz aller Widrigkeiten und gegen eine der mächtigsten Regierungen der Welt freizubekommen, allen weltweit inhaftierten Journalisten und Verlegern Hoffnung gibt“, so die australische Menschenrechtsanwältin Robinson.