Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei seinem Staatsbesuch in Nordkorea mit Machthaber Kim Jong-un einen neuen Vertrag über eine allumfassende strategische Partnerschaft unterzeichnet. Das meldeten russische Staatsmedien am Mittwoch aus der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang nach rund zweistündigen Gesprächen der beiden Staatschefs.
Kommentar von Thomas Golser
Der Vertrag umfasst Putin zufolge gegenseitigen „Beistand“ im Fall einer „Aggression“ gegen einen der beiden Staaten. „Der heute unterzeichnete umfassende Partnerschaftsvertrag sieht unter anderem gegenseitigen Beistand im Falle einer Aggression gegen eine der Vertragsparteien vor“, sagte Putin am Mittwoch den russischen Nachrichtenagenturen zufolge.
Putin als „bester Freund des koreanischen Volkes“
Russland schließe „für sich eine militärisch-technische Zusammenarbeit mit Nordkorea“ nicht aus. Der Vertrag sei ein „Durchbruch“, der das Verhältnis zwischen Moskau und Pjöngjang auf eine „neue Ebene“ hebe, sagte Putin. „Sowohl Russland als auch Nordkorea betreiben eine unabhängige Außenpolitik und akzeptieren die Sprache der Erpressung und des Diktats nicht.“ Beide Staaten würden sich „weiterhin gegen die Praxis des Strangulierens durch Sanktionen wehren, ein Instrument, das der Westen zu nutzen gewohnt ist, um seine Vorherrschaft in Politik, Wirtschaft und anderen Bereichen aufrechtzuerhalten“, fügte Putin an.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un sprach von einem Abkommen „friedlicher und defensiver Natur“ zwischen beiden Staaten. Der „kraftvolle“ Vertrag sei „konstruktiv“ und „in die Zukunft gerichtet“. Kim bezeichnete Putin als „besten Freund des koreanischen Volks“. Der Kremlchef lud Kim Jong-un den russischen Angaben zufolge auch zu einem neuen Besuch ein – diesmal nach Moskau, nachdem sich die beiden im September zuletzt in Wladiwostok getroffen hatten. Es ist Putins erster Aufenthalt in dem Nachbarland seit 24 Jahren.
„Strategische Balance“
Kim versprach Putin die „bedingungslose Unterstützung“ seines Landes im Angriffskrieg Moskaus gegen die Ukraine. Er unterstütze die Militäroperation in der Ukraine vollumfänglich, sagte Kim nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax am Mittwoch. Putin, der am Dienstag zu dem zweitägigen Staatsbesuch angekommen war, dankte seinem Gastgeber Kim für die Unterstützung der russischen Politik auch im Moskauer Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die USA werfen Nordkorea vor, Russland für die Invasion mit Waffen und Munition auszurüsten. Bei der Visite geht es Beobachtern zufolge um weitere Waffenlieferungen von Pjöngjang für Moskaus Krieg gegen die Ukraine.
Geplant waren auch Verhandlungen im größeren Rahmen der Delegationen beider Länder. Neben mehreren gemeinsamen Mahlzeiten ist auch eine Kranzniederlegung und ein gemeinsamer Konzertbesuch angekündigt.
Pompöser Empfang für Putin
Schon im vergangenen Jahr seien die bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern erheblich ausgebaut worden, sagte Putin. Bei den Gesprächen soll es nicht zuletzt um Fragen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und internationalen Sicherheit gehen. Der 71-Jährige sagte mit Blick auf seinen Besuch von 2000, dass sich Pjöngjang zu einer schönen Hauptstadt entwickelt habe. Damals wurde er noch von Kims Vater, Kim Jong-il, empfangen. Putin wurde von einer jubelnden Menschenmenge auf dem Kim-Il-Sung-Platz, dem städtebaulichen und symbolischen Zentrum Pjöngjangs, begrüßt.
Im vergangenen Jahr soll nach Angaben aus dem Weißen Haus die Lieferung von nordkoreanischen Raketen und Artilleriemunition an Russland vereinbart worden sein, die Moskau im Krieg verwendet. Im Gegenzug wird auch die Übergabe von militärischen Schlüsseltechnologien an das wegen seines Atomprogramms international sanktionierte Pjöngjang vermutet. Beide Länder haben eine solche Kooperation bestritten.
Nato-Staaten besorgt
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte mit Blick auf den Besuch Putins deutlich, für wie wichtig er den Ausbau der Zusammenarbeit des atlantischen Militärbündnisses mit Partnern im Indopazifik-Raum hält. Putins Besuch in Nordkorea zeige und bestätige die sehr enge Verbindung zwischen Russland und autoritären Staaten wie Nordkorea, aber auch China und dem Iran, sagte Stoltenberg bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Außenminister Antony Blinken am Dienstag in Washington. Diese Staaten unterstützten Russlands Kriegsaggression gegen die Ukraine und heizten diese an. „Das zeigt auch, dass unsere Sicherheit nicht regional ist. Sie ist global.“
Was in Europa geschehe, sei für Asien von Bedeutung – und was in Asien geschehe, wichtig für Europa. „Die Vorstellung, dass wir die Sicherheit in regionale Schauplätze aufteilen können, funktioniert nicht mehr. Alles ist miteinander verwoben und deshalb müssen wir diese Herausforderungen gemeinsam angehen.“ Man sei auch besorgt darüber, dass Russland Technologie für die Raketen- und Atomprogramme dieser Länder bereitstelle. Auch deshalb werde man beim Nato-Gipfel in Washington im Juli die Zusammenarbeit mit Partnern im Indopazifik-Raum weiter stärken, betonte Stoltenberg.