Ungewöhnlich flott scheint die Suche nach den neuen (bzw. alten) Personen an der Spitze der EU-Institutionen zu laufen, das zeigte sich gestern Abend auch beim Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Das Personalpaket – Ursula von der Leyen neuerlich als Kommissionspräsidentin, Roberta Metsola weiterhin Präsidentin des EU-Parlaments, Antonio Costa als Ratspräsident und die estnische Premierministerin Kaja Kallas als Hohe Außenbeauftragte – dürfte weitestgehend abgesegnet sein, die endgültige Entscheidung darüber soll aber erst beim regulären Sommergipfel kommende Woche fallen.

Vor Beginn des gestrigen Treffens, beim internen EVP-Gipfel, sprachen sich zunächst alle dafür aus. Bundeskanzler Karl Nehammer sagte, die Europäische Volkspartei stehe „klar hinter Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin und auch der Parlamentspräsidentin Roberta Metsola“. Ähnlich äußerten sich auch Luxemburgs Premierminister Luc Frieden und Polens Regierungschef Donald Tusk. Die EVP beruft sich darauf, die EU-Wahlen gewonnen zu haben, sie stellt derzeit 13 der 27 Regierungschefs. Man braucht also Partner, vor allem die großen Länder Frankreich und Deutschland. Emmanuel Macron, „Erfinder“ von der Leyens, dürfte genug mit innenpolitischen Problemen zu tun haben und es wird nicht erwartet, dass er weitere Kandidaten aus dem Hut zaubert. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz, ein Sozialdemokrat, kann sich wiederum dem Umstand kaum verschließen, dass die Kommissionspräsidentin Deutsche ist. Scholz: „Die Wahlen haben eine stabile Mehrheit der Plattformen gebracht, die die Kommissionspräsidentin auch bisher unterstützt hat.“ Er zeigte sich „sicher, dass wir in kürzester Zeit eine Verständigung erzielen können zwischen den Parteifamilien, aber auch den Ländern. Wir leben in Zeiten, die schwierig sind, es ist wichtig zu wissen, wie es weitergeht mit Europa.“ Allerdings warnte Scholz davor, rechtspopulistische Parteien mit an Bord zu holen – ein Hinweis, der wohl auch in Hinblick auf die nötige Abstimmung im EU-Parlament zu verstehen ist.

Oder will Wahlsieger EVP doch noch mehr?

Im Lauf des Abends machte dann das Gerücht die Runde, die EVP wolle doch mehr haben als die bisherigen beiden Positionen; etwa eine Halbzeitlösung beim Rat. Eine Bestätigung dafür blieb vorerst aus.

Während von der Leyen und Metsola in diesem Gremium auf ausreichende Zustimmung hoffen können, hängt zumindest dem Portugiesen Costa noch der Korruptionsskandal nach, in dessen Sog er hatte zurücktreten müssen. Costa konnte zwar alle Vorwürfe entkräften, Donald Tusk, dereinst selbst Ratspräsident, ließ die Gelegenheit aber nicht verstreichen, Costa um weitere Erklärungen in der Causa zu ersuchen.

Für die Beobachter des gestrigen Treffens stellte sich aber ohnehin die Frage, ob nicht auch noch ganz andere Themen im Saal diskutiert wurden. Immerhin war es die erste Zusammenkunft auf dieser hohen Ebene nach den EU-Wahlen. Und dann war da noch der Fußball: Zu Beginn stand Belgien gegen die Slowakei auf dem Programm, ehe Österreich gegen Frankreich angepfiffen wurde – ein Pflichttermin für die Regierungschefs beider Länder.