Der russische Präsident Wladimir Putin formuliert Bedingungen für Friedensgespräche mit der Ukraine. Russland ist demnach bereit, die Kämpfe einzustellen und Gespräche aufzunehmen, wenn sich die ukrainischen Streitkräfte aus den vier östlichen Regionen zurückziehen, die von der Regierung in Moskau annektiert wurden. Die Ukraine müsse zudem ihre Bestrebungen aufgeben, der Nato beizutreten, sagte Putin am Freitag bei einem Treffen mit Vertretern des Außenministeriums.
Frage&Antwort
Russland würde Putin zufolge einen sicheren Abzug der ukrainischen Truppen gewährleisten. Der russische Präsident sagte weiters, es gehe bei dem Friedensvorschlag nicht um eine zeitlich begrenzte Feuerpause, sondern darum, den Konflikt vollständig zu beenden. Sollten die Ukraine und der Westen jedoch den jüngsten russischen Vorschlag ablehnen, würden sich die Bedingungen für einen neuen Vorschlag ändern und die Lage auf dem Schlachtfeld nicht zugunsten der Ukraine gestalten.
Der Wille der Bewohner der Regionen Donezk und Luhansk sowie Cherson und Saporischschja sei unumstößlich, sagte Putin. Die vier Regionen seien der Russischen Föderation beigetreten, so Putin, der jede Diskussion über diese Frage ablehnte. Derzeit hält Russland allerdings nur Teile der vier Provinzen besetzt, Cherson und Saporischschja stehen in etwa zu einem Drittel unter der Kontrolle der Ukraine. Die von Russland durchgeführten „Volksabstimmungen“ wurden im Westen als massiv gefälscht bezeichnet. Folgt die Ukraine Putins Vorschlag, müsste sie also zusätzliche Gebiete an Russland abtreten.
Ukraine besteht auf territoriale Integrität
Die Ukraine verlangt hingegen in ihrer Friedensformel zur Beendigung des Krieges, dass die russische Aggression bestraft, die territoriale Integrität der Ukraine wiederhergestellt und Sicherheit garantiert werden. Das Land bemüht sich intensiv um eine Nato-Mitgliedschaft.
Zuvor hatte Putin die Entscheidung der G7-Staaten, eingefrorenes russisches Staatsvermögen für die angegriffene Ukraine zu nutzen, scharf als Diebstahl kritisiert. Westliche Staaten bemühten sich derzeit um eine rechtliche Grundlage für ihre Entscheidung, sagte Putin. „Aber ungeachtet aller Kniffe: Raub bleibt definitiv Raub“, fügte er hinzu – und drohte: Die Entscheidung der Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen (G7) werde „nicht ungestraft bleiben“.
Bei ihrem Gipfel in Italien hatten Unterhändler der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten sich am Donnerstag darauf verständigt, mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen ein Kreditpaket im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zu finanzieren. Das Geld soll der Ukraine bis Ende des Jahres zur Verfügung gestellt werden.
Wortreiche Rechtfertigung des Angriffskriegs
In seiner Rede vor Außenminister Sergej Lawrow und anderen Vertretern der Behörde in Moskau rechtfertigte Putin einmal mehr auch ausführlich den Angriffskrieg gegen die Ukraine, den er selbst am 24. Februar 2022 angeordnet hatte.
Das „westliche Modell“ zur globalen Sicherheit sei gescheitert, erklärte Putin weiter. Man werde derzeit Zeuge, wie das europäisch-transatlantische System zusammenbreche. Die Welt habe diesbezüglich einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gebe. Er wirft insbesondere den USA vor, die globale Sicherheit zu untergraben. Putin fordert den Aufbau eines neuen globalen Sicherheitssystems. Dieses werde jedem offenstehen, auch der Nato. „Wir haben unsere Partner eingeladen, über dieses Thema auf anderen internationalen Plattformen zu sprechen, vor allem in der SCO (Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, Anm.) und den BRICS.“ Es sei „Zeit“ für eine Diskussion über „ein neues System bilateraler und multilateraler kollektiver Sicherheitsgarantien in Eurasien“.
Keine „wirklich heißen Themen“ bei Ukraine-Friedenskonferenz
In der ZIB2 sprach der Russland-Experte Gerhard Mangott am Freitagabend über die Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz. Dabei vertrat er die Ansicht, die Agenda des Treffens würde die „wirklich heißen“ Themen einer möglichen Friedenslösung nicht behandeln. Es würden laut Mangott Fragen fehlen wie: Muss sich Russland aus der Ukraine zurückziehen? Muss Russland Reperationen bezahlen? Wird Russland vor ein internationales Gerich gebracht? Man beschränke sich auf „weniger bedeutende Themen“ wie nukleare Sicherheit, Nahrungsmittelsicherheit, Kriegsgefangene und deportierte Personenen. Das habe aber dazu geführt, dass knapp 100 Länder zugesagt haben. „Das hätte man nicht erreicht, wenn man die wirklich heißen Themen dort debattiert hätte.