In Ungarn hat Premierminister Viktor Orbán einen schweren Dämpfer abbekommen. Zwar ist seine regierende Fidesz-Partei mit rund 44 Prozent erneut stärkste Kraft bei den Europawahlen geworden. Sein neuer Konkurrent, ein einstiger Weggefährte, schnitt aber überraschend stark ab. Obwohl Fidesz die Wahl gewann, wird die Oppositionspartei „Respekt und Frieden“ (TISZA) von Péter Magyar medial als Sieger bezeichnet. TISZA konnte aus dem Stand heraus bei rund 70 Prozent ausgezählter Stimmen 31 Prozent und sieben EP-Mandate erringen. Seit 2004 kam Fidesz stets auf mehr als 50 Prozent der Stimmen.
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Magyar stammt ursprünglich selbst aus der Fisdesz, hat aber mit dem System Orbán gebrochen. Er war mit der früheren Justizministerin Judit Varga verheiratet. Er hatte einst Positionen in Regierungsinstitutionen und staatsnahen Unternehmen inne. „Egal welches Ergebnis wir erreichen, es wird ein Meilenstein sein und das Ende dieser Epoche bedeuten“, sagte Magyar am Wahlabend. Die TISZA-Partei werde in der Lage sein, Fidesz bei den Parlamentswahlen 2026 zu besiegen. Für Orbán ist es das bisher schlechteste Ergebnis bei Europawahlen.
Zwei Fidesz-Abgeordnete weniger in Brüssel
Fidesz wird nach Angaben der Wahlkommission elf Abgeordnete – statt wie bisher 13 – nach Brüssel schicken. Magyars Tisza-Partei kann mit sieben Mandaten rechnen. Zwei Mandate entfielen auf ein sozialdemokratisches Parteienbündnis, eines auf die rechtsextreme Partei Unsere Heimat (Mi Hazank).
„Wir haben beide Wahlen gewonnen, sowohl die Europa- als auch die Kommunalwahlen“, erklärte Orbán in der Wahlnacht in Budapest laut dem Onlineportal „Index.hu“. Noch dazu sei dieser Sieg inmitten einer Kriegssituation erfolgt. „In einer schweren Schlacht haben wir wichtige Siege errungen.“ Auf das Ergebnis der Wahl des Bürgermeisters von Budapest müsse noch gewartet werden. Der Premier bedankte sich bei den Bürgern. Die Wahlbeteiligung betrug 57 Prozent, der Demokratie in Ungarn würde es demnach gut gehen, betonte Orbán.
Das oppositionelle Bündnis Demokratische Koalition (DK) – Sozialisten (MSZP) – Parbeszéd (Dialog) überlebte den „brutalen Durchbruch“ von TISZA nur knapp und sicherte sich zwei Mandate, schrieb das Onlineportal „Naphire.hu“. Retten konnte sich noch die rechtsextreme Partei „Mi Hazánk“ (Unsere Heimat) mit einem Mandat. Das Onlineportal „Nyugatifeny.hu“ warf Magyar vor, er habe entgegen seines Versprechens nicht Fidesz zerschlagen, sondern die Opposition.
Der Politologe Gábor Török hatte im Vorfeld der Wahlen auf Facebook erklärt, dass ein Ergebnis unter 45 Prozent für Fidesz als Eklat gelte. Ein Erfolg sei nur ein Ergebnis über 48 Prozent.
Hinsichtlich der Wahl des Bürgermeisters von Budapest gibt es nach wie vor ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem amtierenden Oberbürgermeister Gergely Karácsony und Dávid Vitézy. Bei ausgezählten 87 Prozent der Stimmen hält Karácsony, Kandidat eines oppositionellen Bündnisses, 47,38 Prozent und sein Herausforderer Vitézy, Kandidat der oppositionellen LMP-Grüne, unterstützt jedoch von Fidesz, aktuell 47,52 Prozent.