Während die Landung der Alliierten in der Normandie vor 80 Jahren das Ende des Zweiten Weltkriegs einleitete, sind die Gedenkfeiern in diesem Jahr überschattet von dem Ukraine-Krieg, dessen Ende sich bisher nicht abzeichnet. Erwartet werden zahlreiche Staats- und Regierungschefs, unter ihnen US-Präsident Joe Biden und sein ukrainischer Kollege Wolodymyr Selenskyj, und etwa 200 der letzten noch lebenden D-Day-Veteranen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird bei der internationalen Gedenkfeier am Donnerstagnachmittag am Omaha Beach die Hauptrede halten. Dort zählt auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz zu den Gästen.
Ebnung für den Sieg der Aliierten
Die Landung von knapp 7.000 Booten und gut 132.000 Soldaten in der Normandie im Juni 1944 machte den Weg für den Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland frei. Das Deutsche Reich befand sich damit zwischen der Ostfront und der Front am Atlantik faktisch in der Klemme.
Hinzu kam der Überraschungseffekt. Die Alliierten hatten mehrere Täuschungsmanöver unternommen, um die Deutschen von einer bevorstehenden Invasion an anderen Orten zu überzeugen. An der Landung in der Normandie waren vor allem Soldaten aus den USA, Großbritannien, Kanada und Frankreich beteiligt.
Macron macht am Mittwoch den Auftakt zu den Gedenkfeiern, indem er an die französischen Widerstandskämpfer und Fallschirmjäger, aber auch an die Zivilisten erinnert, die bei der Militäraktion getötet wurden. Zur Gedenkfeier für die britischen Soldaten am Donnerstagvormittag werden König Charles III. und seine Frau Camilla erwartet. Zeitgleich finden die US-Gedenkfeier mit Biden und die kanadische Gedenkfeier mit Regierungschef Justin Trudeau statt.
Die Anwesenheit Selenskyjs bei der zentralen Gedenkfeier am Donnerstagnachmittag ist ein starkes Symbol - zumal in diesem Jahr ausdrücklich keine Vertreter Russlands eingeladen wurden. Zum 70. Jahrestag des D-Days war der russische Präsident Wladimir Putin noch willkommen gewesen, obwohl er wenige Monate zuvor die Halbinsel Krim annektiert hatte.
Russland hatte bisher seinen Platz bei den Gedenkfeiern wegen der 27 Millionen Toten, die das Land während des Zweiten Weltkriegs zu beklagen hatte - mehr als jedes andere Land. Frankreichs Präsident François Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel begannen 2014 im Anschluss an die Gedenkfeiern mit Putin und Selenskyjs Vorgänger Petro Poroschenko die Gespräche im sogenannten Normandie-Format, um eine politische Lösung im Ukraine-Konflikt zu suchen.
Selenskyj zu Besuch in Paris
Doch aus dem Konflikt wurde seither längst ein Krieg. Inzwischen sind sogar Deutschland und die USA bereit, die Ukraine unter Bedingungen mit westlichen Waffen Ziele auf russischem Boden angreifen zu lassen, um sich zu verteidigen. Nach den Gedenkfeiern wird Selenskyj am Freitag in Paris mit Staatschef Macron zusammentreffen, um über die Lage im Ukraine-Krieg sowie „die Bedürfnisse der Ukraine“ zu beraten, wie der Elysée-Palast ankündigte.
Es wird damit gerechnet, dass Macron neue Militärhilfen für Kiew ankündigt. Möglicherweise äußert er sich dann auch zum Einsatz französischer Militärausbildner in der Ukraine, der bereits im Gespräch ist.
Die Militärhilfe für die Ukraine dürfte auch Thema des Staatsbesuchs sein, den US-Präsident Biden im Anschluss an die Gedenkfeiern in Frankreich unternimmt. Am Samstag will Macron mit Biden am Denkmal für den Unbekannten Soldaten am Triumphbogen zusammenkommen, am Abend ist ein Staatsbankett geplant.
Besondere Aufmerksamkeit ist bei den Gedenkfeiern den etwa 200 Veteranen sicher, die mittlerweile weit über 90 und teils über 100 Jahre alt sind. Während ihre Zahl sich von Jahr zu Jahr verringert, steigt das Interesse am Gedenktourismus zu den Spuren, die der D-Day in der Normandie hinterlassen hat: von deutschen Bunkern über Soldatenfriedhöfe zu gesunkenen Kriegsschiffen, die sich auch bei Tauchgängen erkunden lassen.
Veteran will heiraten
Der 100 Jahre alte US-Veteran Harold Terens, der vor 80 Jahren an der Landung der Alliierten beteiligt war, will kurz nach den Gedenkfeiern seine 96 Jahre alte Verlobte heiraten. Die Hochzeit soll am Samstag im Örtchen Carentan-les-Marais gefeiert werden, nahe den Landungsstränden, an denen am 6. Juni 1944 Zehntausende amerikanische, britische und kanadische Soldaten landeten und dem Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland den Weg bereiteten.
Für Gastgeber Macron sind die Gedenkfeiern nebenbei auch eine willkommene Bühne wenige Tage vor der Europawahl. Laut Umfragen liegen die Rechtspopulisten von Jordan Bardella mit großem Abstand vorn. Es wird allerdings mit Spannung erwartet, ob Macrons Liste sich auf dem zweiten Platz halten kann oder von den Sozialisten überholen lässt, die bisher nur knapp zurück lagen.