Die verlorene Abstimmung bei der Ende Mai verabschieden UN-Resolution zum 1995 begangenen Völkermord in Srebrenica lässt die Genozidleugner und die Führung der bosnischen Serben nicht ruhen. „Wegen aller Lügen“, die über Srebrenica verbreitet würden, hätten „unsere Leute dort“ eine Initiative zur Umbenennung der Kommune gestartet, verkündete letzte Woche Bosniens Milorad Dodik, der Präsident des Teilstaats Republika Srpska, gegenüber dem serbischen TV-Sender „Happy“.

Nach der Steilvorlage von Bosniens ranghöchsten Genozidleugner legte Mladen Grujicic, der serbische Bürgermeister der einstigen Muslimenklave, am Wochenende nach. Mit der UN-Resolution sei der Ruf von Srebrenica „befleckt“ und auf die Liste der „unerwünschten Orte“ gestellt worden, begründet er die „Idee“ einer Umbenennung. Der derzeitige Stadtsname rufe wegen der Resolution „negative“ Assoziationen wach, die Investoren einen Bogen um Srebrenica schlagen lassen könnten: „Das wollen wir nicht zulassen.“

Systematischer Massenmord

Um über zwei Drittel ist die Bevölkerung in der vor dem Bosnienkrieg (1992-1995) noch über 36000 Einwohner zählenden Kommune geschrumpft. Die Stadt selbst beherbergt laut unterschiedlichen Schätzungen der verbliebenen Einwohner nur noch zwischen 1000 und 2000 Einwohner. Es ist nicht nur die Arbeits- und Perspektivlosigkeit in Ostbosnien, die immer mehr Junge abwandern lässt: Seit fast drei Jahrzehnten lastet auf dem ausgestorben wirkenden Ort das Kainsmal des systematisch organisierten Massenmords.

Am 11. Juli 1995 hatten die bosnisch-serbischen Streitkräfte (VRS) unter Führung von General Ratko Mladic die monatelang belagerte und von der UN eigentlich zur Schutzzone erklärte Muslim-Enklave Srebrenica eingenommen. Nur Frauen und Kinder durften Srebrenica in von UN-Soldaten begleiteten Buskonvois verlassen. Ihre Männer, Väter, Söhne und Brüder, die nicht in die Wälder nach Tuzla flüchten konnten, wurden in systematisch organisierten Massenhinrichtungen erschossen und in Massengräbern verschart: Bisher konnten die Überreste von über 6700 von 8732 vermissten Opfern geborgen, identifiziert und auf dem Gedenkfriedhof von Poticari bestattet werden.

Zu Haftstrafen verurteilt

Schon unmittelbar nach dem Massaker bemühten sich die Verantwortlichen, den in Srebrenica begangenen Völkermord mit der hektischen Umbettung der Massengräber zu vertuschen. Die nach Kriegsende jahrelang im nahen Serbien unbehelligt abgetauchten Drahtzieher Ratko Mladic und Radovan Karadzic sind zwar längst inhaftiert und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Doch ihre Epigonen in Banja Luka und Belgrad versuchen bis heute, den in Srebrenica begangenen Genozid zu beschönigen, kleinzureden – oder gar völlig zu leugnen.

In Srebrenica habe es „keine Operation gegeben“ und sei „niemand getötet“ worden, so Dodik bei seinem jüngsten Auftritt bei TV Happy. Sein Versuch, die lästige Erinnerung an den Völkermord von Srebrenica durch Umbenennung zu tilgen, stößt bei den Angehörigen der Opfer indes auf Verbitterung.

Es würde nach der bereits erfolgten Umbenennung von Straßen, Plätzen und Schulen nicht überraschen, wenn die Genozidleugner Srebrenica in „Mladicevo“, Sarajevo in „Karadzicevo“ und die Republika Srpska in „Dodikovo“ umbenennen wollten, ätzte der aufgebrachte Opferverband „Die Mütter der Enklaven von Srebrenica und Zepa“ am Wochenende in einer Erklärung: „Sie können nur Städtenamen verändern, die Wahrheit über Srebrenica aber nicht vertuschen.“