Die Zahl der Toten bei russischen Angriffen auf ein Einkaufszentrum in der zweitgrößten ukrainischen Stadt Charkiw ist auf zwölf gestiegen. 43 Menschen seien verletzt worden, teilte die örtliche Staatsanwaltschaft am Sonntag mit. Lediglich zwei Tote hätten bisher identifiziert werden können. Präsident Wolodymyr Selenskyj bat Partnerländer erneut um weitere Ausrüstung, um die Bevölkerung zu schützen: „Die Ukraine braucht ausreichende Flugabwehr.“
Charkiws Bürgermeister Ihor Terechow bezeichnete die Angriffe vom Samstag als „Terrorismus“. Russland bestreitet zwar, zivile Ziele ins Visier zu nehmen, beschießt aber in dem vor mehr als zwei Jahren begonnenen Krieg regelmäßig Wohnhäuser und andere zivile Einrichtungen.
Rettungskräfte haben Sonntagfrüh den bei einem verheerenden russischen Luftangriff am Vortag ausgebrochenen Brand in einem Baumarkt in Charkiw gelöscht. Die Löscharbeiten hätten mehr als 16 Stunden in Anspruch genommen, teilte der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko auf Telegram mit.
Zahlreiche Verletzte bei Angriffen auf zivile Ziele
In dem Baumarkt wurden am Samstag zahlreiche Kunden und Mitarbeiter von einem Angriff durch zwei russische Gleitbomben überrascht, wie Bürgermeister Terechow und Regionalgouverneur Oleh Synjehubow mitteilten. Mindestens 120 Menschen hätten sich zum Zeitpunkt des Angriffs in dem Laden befunden, erklärte Terechow. 16 Personen würden vermisst, schrieb Klymenko auf Telegram.
Bei einem Raketeneinschlag in ein Wohngebäude im Stadtzentrum sind den Behörden zufolge 25 Menschen verletzt worden. In dem Gebäude hätten sich auch ein Postamt, ein Schönheitssalon und ein Cafe befunden. Präsident Selenskyj zufolge galt der Luftalarm in Charkiw über mehr als zwölf Stunden. 200 Rettungskräfte und 400 Polizisten seien im Einsatz.
Ein Mitarbeiter des Einkaufszentrums berichtete, beide Einschläge seien kurz nacheinander erfolgt. „Ich hörte den ersten Treffer, und mein Kollege und ich fielen zu Boden“, sagte der 26-jährige Dmytro Syrotenko, der im Gesicht verletzt wurde. „Es gab einen zweiten Einschlag und wir wurden mit Trümmern bedeckt.“ Ein Mitarbeiter der Rettungskräfte habe ihn sowie mehrere Kollegen und Kunden in Sicherheit gebracht. Nach Angaben der Einsatzkräfte bestand die Befürchtung, dass das russische Militär das Anwesen während des Rettungseinsatzes erneut angreift. Dies war bereits in der Vergangenheit vorgekommen.
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz warf Russlands Präsident Wladimir Putin vor, im Krieg gegen die Ukraine auch eine sehr hohe Zahl an russischen Soldaten zu opfern. „Es gibt eine Zahl, die sagt, an toten oder schwer verletzten russischen Soldaten pro Monat - 24.000“, sagt Scholz bei einem Bürgerdialog. „Alles für einen imperialistischen Größenwahn des russischen Präsidenten“, fügt Scholz hinzu. Putin sehe sowohl die Ukraine als auch Belarus als Teile Russlands und habe deshalb mit dem jahrzehntelang geltenden Prinzip gebrochen, keine Grenzen mehr zu verschieben. Putin sei auch für den Tod sehr vieler ukrainischer Zivilisten und ukrainischer Soldaten verantwortlich.