Nach dem groß angelegten Militärmanöver Chinas zur Einschüchterung Taiwans hat sich die neue Führung der selbstverwalteten Insel unbeeindruckt gezeigt. Sie habe „die Situation voll im Griff und angemessen reagiert, um die nationale Sicherheit zu gewährleisten“, erklärte die taiwanische Präsidentschaft am Samstag. Nach Angaben aus Taipeh setzte China bei seiner Machtdemonstration 111 Flugzeuge und dutzende Marineschiffe ein. Das zweitägige Manöver endete am Freitag.

USA wollen mit China sprechen

Die einseitige Provokation Chinas untergrabe nicht nur den Frieden und die Stabilität in der Straße von Taiwan, sondern sei auch „eine Herausforderung für die internationale Ordnung“, erklärte die Sprecherin von Taiwans Präsident Lai Ching-te, Karen Kuo. Taipeh hoffe, dass Peking künftig „jede Art von politischer und militärischer Einschüchterung Taiwans“ unterlasse.

Angesichts der Spannungen will US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in der kommenden Woche mit Chinas Verteidigungsminister Dong Jun zusammentreffen. Nach Angaben des Pentagon werden die beiden Minister bei der Sicherheitskonferenz Shangri-La-Dialog in Singapur Gespräche führen. Washington unterstützt Taiwan mit milliardenschweren Militärhilfen und hatte Peking angesichts der jüngsten Militärmanöver zur Zurückhaltung aufgefordert.

Der neue Präsident Lai trat am Montag sein Amt an - drei Tage später begann China mit dem zweitägigen Manöver „Gemeinsames Schwert-2024A“ in der Straße von Taiwan, im Norden, Süden und Osten der Insel sowie in den Gebieten um die von Taipeh verwalteten Inseln Kinmen, Matsu, Wuqiu und Dongyin statt. Damit umfassten die Übungen ein größeres Gebiet als vorherige Manöver.

Das chinesische Militär setzte dabei Land-, See-, Luft- und Raketenstreitkräfte ein. Das Verteidigungsministerium in Peking erklärte, dies sei die „Bestrafung für die separatistischen Handlungen von ‚Taiwans Unabhängigkeits‘-Kräften“. Der Umfang der Manöver sei zwar „bedeutend“ gewesen, sagte der China-Experte Wen-Ti Sung vom US-Think-Tank Atlantic Council. Seiner Einschätzung zufolge waren sie jedoch nicht annähernd so groß wie Übungen im August 2023. Peking hatte im vergangenen Jahr auch im April größere Militärmanöver vor Taiwan vorgenommen und schickt immer wieder Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe in die Nähe der Insel.

Unabhängigkeitskräfte Taiwans würden „mit zerschmetterten Schädeln und im Blut enden“

Der chinesische Militärsender meldete am Freitagabend, die Übungen seien nach zwei Tagen „erfolgreich“ abgeschlossen worden. Ein Militärsprecher hatte erklärt, mit dem Manöver würden die Fähigkeiten zur „Machtübernahme“ getestet. Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Wang Wenbin hatte gar gedroht, die Unabhängigkeitskräfte Taiwans würden „mit zerschmetterten Schädeln und im Blut enden“.

Die chinesische Führung sieht in Taiwans neuem Präsidenten Lai einen „Separatisten“. Seine Antrittsrede war in China als „Bekenntnis zur Unabhängigkeit“ Taiwans aufgefasst worden. Taiwan hatte sich am Ende des Bürgerkrieges vor 75 Jahren vom kommunistischen Festlandchina abgespalten. Peking betrachtet die 23-Millionen-Einwohner-Insel seither als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll, notfalls mit militärischer Gewalt.