Der russische Präsident Wladimir Putin ist laut Insidern bereit zu einer Waffenruhe in der Ukraine, die den jetzigen Frontverlauf anerkennt. „Putin kann so lange kämpfen, wie es nötig ist“, sagte einer von vier mit den Diskussionen in Putins Umfeld vertrauten Personen der Nachrichtenagentur Reuters. „Aber Putin ist auch zu einem Waffenstillstand bereit – um den Krieg einzufrieren.“ Drei der Insider sprachen von Äußerungen des Machthabers gegenüber einer kleinen Beratergruppe.
Demnach zeigte sich Putin frustriert über nach seiner Ansicht vom Westen unterstützte Versuche, Verhandlungen zu verhindern. Zudem habe Putin die Entscheidung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beklagt, Gespräche auszuschließen.
Russland wolle keinen „ewigen Krieg“
Reuters sprach mit insgesamt fünf Personen, die im politischen und wirtschaftlichen Umfeld auf hoher Ebene mit Putin arbeiten oder gearbeitet haben. Sie wollten namentlich nicht genannt werden. Die fünfte Person machte keine Angaben zu einem etwaigen Einfrieren des Konflikts. Der Sprecher des russischen Präsidialamts, Dmitri Peskow, sagte Reuters auf Anfrage, Putin habe wiederholt die Bereitschaft zum Dialog betont. Russland wolle keinen „ewigen Krieg“. Eine Stellungnahme von ukrainischer Seite lag zunächst nicht vor. Das US-Außenministerium erklärte, jede Friedensinitiative müsse „die territoriale Integrität“ der Ukraine „innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen“ respektieren.
Die russischen Truppen haben nach Angaben beider Kriegsparteien zuletzt Geländegewinne erzielt. Den Insidern zufolge würde Putin diese Situation nutzen, um die Kämpfe zu beenden. Zwei der Personen sagten, nach Ansicht des Präsidenten reichten die jetzigen Gewinne aus, um vor der russischen Bevölkerung einen Sieg ausrufen zu können. Putin sei sich bewusst, dass neue große Geländegewinne eine weitere Mobilisierung erforderlich machen würden, sagten drei der Insider. Dies wolle er vermeiden. „Putin wird sagen, dass wir gewonnen haben, dass die Nato uns angegriffen hat und wir unsere Souveränität behalten haben, dass wir einen Landkorridor zur Krim haben“, sagte eine Person und fügte hinzu: „Was wahr ist.“
Kiew: Russland nicht vertrauenswürdig genug für Abkommen
Eine Vereinbarung ohne Einbehaltung der bisherigen Geländegewinne sei dagegen nicht verhandelbar, hieß es einstimmig. Sollte es kein Abkommen geben, werde Putin so viel von der Ukraine wie möglich einnehmen wollen, sagten drei der Insider. Damit solle der Druck auf die Regierung in Kiew erhöht werden. Die russische Armee werde weiter langsam vordringen, bis Selenskyj ein Angebot vorlege. Einer Person zufolge zeigte sich Putin gegenüber Beratern überzeugt, dass der Westen nicht genug Waffen liefern werde. Alle fünf Insider berichteten übereinstimmend von Äußerungen des Präsidenten gegenüber seinen Beratern, dass er kein Interesse am Staatsgebiet von Nato-Mitgliedsstaaten habe.
Die USA und EU-Staaten haben wiederholt ihre Bereitschaft erklärt, so lange wie notwendig an der Seite der Ukraine zu stehen. Die Regierung in Kiew bezeichnet Putin als nicht vertrauenswürdig genug für ein Abkommen. Russland hatte vor dem Beginn seines Angriffskriegs 2022 wiederholt die Absicht zu einer Invasion zurückgewiesen. Beide Kriegsparteien haben die Befürchtung geäußert, die jeweilige Gegenseite könne eine Feuerpause für eine Wiederbewaffnung nutzen.
Gesetz, um US-Vermögen zu beschlagnahmen
Als eine Reaktion auf die vom Westen verhängten Sanktionen hat der russische Präsident Wladimir Putin am Donnerstag per Dekret die Beschlagnahmung von US-Vermögen in Russland genehmigt. Gemäß dem auf einer offiziellen Website veröffentlichten Dekret kann die Beschlagnahmung US-Vermögenswerte wie Immobilien, Unternehmen, Bankkonten oder Aktien betreffen.
Von westlichen Strafmaßnahmen betroffene russische Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen sollen diese als Entschädigung für ihr in den USA beschlagnahmtes Vermögen erhalten. Der Schritt wurde mit „feindlichen, völkerrechtswidrigen Handlungen der Vereinigten Staaten“ begründet, die darauf abzielten, „Russland und der russischen Zentralbank zu schaden“.
Viele westliche Unternehmen haben Russland seit Beginn der Offensive in der Ukraine im Februar 2022 verlassen. Andere sind jedoch weiterhin dort tätig und könnten nun von der neuen Regelung betroffen sein.
Russische Vermögenswerte eingefroren
Seit Beginn der russischen Offensive vor zwei Jahren haben die EU- und G7-Länder nach EU-Angaben Vermögenswerte der russischen Zentralbank im Umfang von etwa 300 Milliarden Euro eingefroren. Sowohl in den USA als auch in Europa mehren sich die Forderungen nach der Einrichtung eines Fonds für die Ukraine. Zuletzt hatte der US-Kongress im vergangenen Monat einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet.
Russland hat seinerseits in den vergangenen zwei Jahren eine Reihe westlicher Unternehmen unter „vorübergehende“ staatliche Kontrolle gebracht. Westliche Politiker und Unternehmen verurteilten das Vorgehen als „Verstaatlichung“.