Sicherheitshalber hat Wikipedia eine eigene Infozeile eingefügt: Der Europarat sei nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat und noch weniger mit dem Rat der Europäischen Union. Drei ähnliche Bezeichnungen, aber völlig unterschiedliche Funktionen. Mit ein wenig Verspätung (Stichtag wäre eigentlich der 5. Mai gewesen) feiert man nun in Straßburg, Sitz des Europarates, das 75-jährige Bestandsjubiläum.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) fand auf dem Weg ins Elsass die richtigen Worte: „Der Europarat wird nicht umsonst als Hüter der Menschenrechte, der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Europa tituliert. Die Gründungsväter haben gleichsam einen Schutzschirm gespannt, der heute 700 Millionen Menschen in Europa zugutekommt“, heißt es in einer Mitteilung. Dem Rat gehören 46 Staaten mit mehr als 700 Millionen Einwohnern an, er reicht also weit über die EU hinaus. Lediglich vier Länder, die man Europa zurechnen kann, sind nicht Mitglied: Der Vatikan, der grundsätzlich keine solchen Bündnisse eingeht; Belarus, seit 1993 über den Kandidatenstatus nicht hinausgekommen, sowie der Kosovo, der bis heute keinen von allen anerkannten völkerrechtlichen Staus hat. Russland war Mitglied, nach dem Angriff auf dem Ukraine wurde es 2022 hinausgeworfen.
Menschenrechtskonvention und mehr
Obgleich der Europarat selbst in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gerade an erster Stelle rangiert, sind Teilbereiche weitaus geläufiger: So etwa der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention garantieren soll. Abseits von der Tagespolitik kümmert sich der Rat um Grundsätzliches – dazu gehört zum Beispiel auch der Schutzstatus des Wolfes, der im „Berner Übereinkommen“ geregelt ist. Deshalb ist in diesem und vielen anderen Fällen eine Änderung nur schwer möglich, müssen sich doch gleich 46 Staaten darauf verständigen. Hauptaugenmerk liegt aber auf den Grundwerten der Demokratie: „Der Europarat steht wie keine andere Institution für den Schutz und Erhalt unserer gemeinsamen Prinzipien. Er hält europäische Werte nicht nur hoch, sondern gibt uns Werkzeuge in die Hand, um sie auch effektiv durchzusetzen.“, so Schallenberg. Der Europarat könne auch in den nächsten 75 Jahren auf die volle Unterstützung Österreichs zählen. Europarat-Abkommen beschäftigen sich unter anderem mit sozialer Sicherheit, Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch, Gewalt gegen Frauen, Computerkriminalität oder dem Kampf gegen Doping im Sport.
Schallenberg würdigte die Rolle des Europarates insbesondere für den Schutz der Menschenrechte und der Demokratie in Europa: „75 Jahre nach seiner Gründung ist Europa von einem Feuerring umgeben. Wir erleben gerade weltweit, dass Demokratie, Grund- und Freiheitsrechte unter Druck geraten. Inmitten dieser nie da gewesener Herausforderungen kommen wir in Straßburg zusammen, um die Errungenschaften des Europarats zu würdigen.“ Der Europarat, die älteste europäischen Staatenvereinigung, hat bisher erst vier Gipfeltreffen abgehalten, eines davon war in Österreich (1993). Österreich stellte bisher drei Generalsekretäre, zwei Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung und einen Präsidenten des Kongresses der Gemeinden und Regionen. Zwischen 2002 und 2004 waren demnach sogar alle drei höchsten Ämter mit Österreichern besetzt. Insgesamt hatte Österreich sechs Mal den Vorsitz im Ministerkomitee inne, zuletzt von 2013 bis 2014.