Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau fünf Dörfer in der ukrainischen Region Charkiw eingenommen. Die Dörfer Pleteniwka, Ohirzewe, Boryssiwka, Pylna und Striletschna, die alle direkt an der Grenze zur russischen Oblast Belgorod liegen, seien nun unter russischer Kontrolle. Am Freitag hatte Russland eine Offensive gegen Charkiw gestartet, das im Nordosten der Ukraine liegt.Auch in der ostukrainischen Region Donezk weiter im Süden sei ein Dorf eingenommen worden, teilte das Ministerium mit. Dort rückten die russischen Truppen in den vergangenen Monaten langsam, aber stetig vor.
Die ukrainische Armee wehrt sich unterdessen nach Angaben des Generalstabs weiter gegen die Attacke. Die Offensive war erwartet worden, weil die russische Armee nahe der Grenze Zehntausende Soldaten zusammengezogen hat. Auch Präsident Wladimir Putin hatte schon im März eine Offensive angedroht.
„Begrenzte operative Ziele“
Ukrainische und russische Militärbeobachter wie auch ausländische Experten gingen aber davon aus, dass der Vorstoß noch nicht auf die Stadt Charkiw abziele. Das Institut für Kriegsstudien ISW in den USA sprach von "begrenzten operativen Zielen". Die Angriffe sollten die ukrainischen Kräfte von der Grenze abdrängen - durch das Vorrücken solle Charkiw wieder in die Reichweite russischer Rohrartillerie kommen.
Strategisches Ziel sei, die Ukrainer zu zwingen, Soldaten und Material von anderen bedrängten Abschnitten der Front im Osten abzuziehen. Der begrenzte Einsatz lege nicht nahe, "dass russische Kräfte in großem Maßstab eine Offensivoperation durchführen, um Charkiw einzuschließen, einzukreisen oder zu erobern", schrieb das ISW. Gleich zu Beginn des Angriffskriegs im Frühjahr 2022 waren russische Truppen nach Charkiw eingedrungen, konnten aber abgewehrt werden.
Den Berichten von der Front nach hat der Angriff zwei Stoßrichtungen. An einem Grenzabschnitt etwa 30 Kilometer nördlich von Charkiw besetzten russische Truppen mehrere ukrainische Dörfer. Sie lagen nach übereinstimmenden Angaben in einer Art grauer Zone noch vor der vordersten ukrainischen Verteidigung. Der ukrainische Generalstab nannte das Dorf Lipzy als Stoßrichtung dieses Angriffs.
Der zweite Angriff zielte auf die Stadt Wowtschansk etwa 40 Kilometer nordöstlich von Charkiw ab. Auch dort wurden mehrere kleine Orte entlang der Grenze besetzt. Im Fall Wowtschansk sehen Experten eher die russische Absicht, Nachschublinien der Ukraine in Richtung Kupjansk zu stören.
Die Ukraine wehrte sich nach russischen Angaben auch, in dem sie in der Nacht auf Samstag das russische Grenzgebiet Belgorod mit Raketenartillerie und Drohnen angriff. Dabei wurde ein Mann getötet und einer verletzt, teilte der Gouverneur der Region Belgorod mit. Der Verletzte hab sich in einem parkenden Lastwagen im Grenzdorf Nowostrojewka-Perwaja befunden, hieß es.