Die Konservativen des britischen Regierungschefs Rishi Sunak haben bei den Kommunalwahlen am Donnerstag eine schwere Niederlage kassiert. Teilergebnissen zufolge büßten die Tories mehr als die Hälfte ihrer bisherigen Gemeinderatssitze ein, während die oppositionelle Labour Party deutlich zulegen konnte. Diese erzielte auch einen Erdrutschsieg bei der Unterhaus-Nachwahl in Blackpool. Labour-Politiker Chris Webb setzte sich mit 59 Prozent der Stimmen durch.
Weitere Niederlage für Regierungspartei
Damit setzte es bei der 13. Nachwahl der aktuellen Legislaturperiode bereits die zwölfte Niederlage für die Regierungspartei. Die Wahl in Blackpool war notwendig geworden, nachdem der konservative Abgeordnete Scott Benton wegen eines Lobbyskandals zurückgetreten war. Die Tories bekamen dafür die Rechnung präsentiert. Sie büßten im Vergleich zur Wahl 2020 um 32 Prozentpunkte ein, ihr Kandidat David Jones erreichte nur noch 17,5 Prozent und konnte gerade noch den zweiten Platz vor dem Kandidaten der rechtspopulistischen Reform Party, Mark Butcher, halten, der auf 16,9 Prozent kam.
29 der 107 Gemeindevertretungen waren am Freitag in der Früh bereits ausgezählt. Labour hielt bei 274 Sitzen (+56), die Konservativen bei 94 (-107), die Liberaldemokraten bei 90 (+12) und die Grünen bei 19 (+11). Deutlich auf 53 (+28) Sitze zulegen konnten unabhängige Kandidaten.
Sollte sich der Auszählungstrend fortsetzen, könnte es für Premier Sunak politisch ungemütlich werden. Laut Experten könnte er in Bedrängnis geraten, wenn seine Konservativen deutlich mehr als 500 ihrer derzeit knapp 1.000 Gemeinderatssitze verlieren.
Sunak in Bedrängnis
Die Wahl gilt als wichtiger Stimmungstest vor der Unterhauswahl, die spätestens im Jänner 2025 stattfinden muss. Sunak hat einen Wahltermin im zweiten Halbjahr als „wahrscheinlich“ bezeichnet, jüngst aber auch einen Termin noch vor dem Sommer nicht ausgeschlossen. Sunak ist bereits der dritte Regierungschef der aktuellen Legislaturperiode, nachdem sowohl der Wahlsieger des Jahres 2020, Boris Johnson, als auch seine Nachfolgerin Liz Truss über Affären gestürzt waren. Die Tories haben eine komfortable Mehrheit im Unterhaus, liegen in landesweiten Umfragen aber hoffnungslos hinter der oppositionellen Labour Party.
Die meisten Gemeinden wollten die Ergebnisse im Laufe des Freitags bekannt geben. Das Ergebnis der Bürgermeisterwahl in London soll erst an diesem Samstag verkündet werden. Dort gilt Amtsinhaber Sadiq Khan von der sozialdemokratischen Labour Party als klarer Favorit.
In der neu gebildeten Region York and North Yorkshire in Nordengland, in der auch der Wahlkreis von Premier Sunak liegt, führte ebenfalls ein Labour-Politiker in den Umfragen. Die Konservativen hofften aber, die Rathäuser der mittelenglischen Region West Midlands sowie von Tees Valley im Nordosten zu verteidigen.
Gewählt wurden am Donnerstag insgesamt elf Bürgermeisterposten, mehr als 2.500 Gemeinderäte, die 25 Mitglieder der Londoner Stadtversammlung sowie 37 sogenannte Police and Crime Commissioner in England und Wales, ein politisches Amt für die Aufsicht über die lokale Polizeibehörde. In 107 der 317 englischen Gemeinden wurden die politischen Karten neu gemischt.
Als wichtige Themen galten unter anderem die schwierige Finanzlage der Gemeinden, Schlaglöcher auf Straßen sowie ins Meer und in Flüsse abgeleitete Abwässer. Einer Analyse der Denkfabrik Local Government Information Unit zufolge reagieren etliche Gemeinderäte mit höheren Steuern und Gebühren sowie geringeren sozialen Leistungen auf den drohenden finanziellen Ruin.