Man wusste, dass es schwierig und teuer werden würde, aber der politische Wille war eindeutig. Am 1. Mai 2004 erlebte die EU die größte Erweiterung ihrer Geschichte. Auf einen Schlag wurden zehn Länder, die man größtenteils dem „früheren Osten“ zurechnen würde, Mitglieder der Union. Zehn (und in den folgenden Jahren drei weitere) Länder, die in vielerlei Hinsicht einen Aufholbedarf hatten – wirtschaftlich, aber auch demokratiepolitisch.
In den letzten Tagen wurde das Jubiläum groß gefeiert, im EU-Parlament in Straßburg, in den Mitgliedsländern und in den EU-Institutionen – die Beinahe-Verdoppelung der EU-Länder hatte Auswirkungen auf alle Bereiche, auf die Zahl der Abgeordneten, auf die Zahl der Kommissare, auch auf die Vertreter im Rechnungshof und im Gerichtshof der EU in Luxemburg. Vor allem aber auf den Binnenmarkt, dem Herzstück Europas. Für die Länder Zentral- und Osteuropas sei der Beitritt eine Erfolgsgeschichte gewesen, stellte das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) nun fest.
Fachkräfte wandern ab
Ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau haben demnach besonders Rumänien, Bulgarien, Polen und die baltischen Staaten aufgeholt, 2004 lag deren Brutto-Inlandsprodukt bei rund 40 Prozent des damaligen EU-Schnitts. Länder wie Slowenien oder Tschechien sind mittlerweile gleichauf mit den anderen westeuropäischen Ländern. Während die neuen Mitglieder als Teil der EU auch für ausländische Investoren wesentlich attraktiver wurden, kämpfen sie bis heute mit einer Abwanderung von Fachkräften, woran unter anderem das Lohngefälle Schuld trägt. Laut wiiw verzeichnen etwa Bulgarien, Lettland und Litauen einen Bevölkerungsrückgang von 16 Prozent.
Doch nicht nur die Neulinge selbst, sondern auch die anderen EU-Länder profitierten von der Erweiterung – und hier ganz besonders Österreich, stellte die Wirtschaftskammer (WKÖ) fest. Kein anderes EU-Land habe die Chancen in der Nachbarschaft so gut nutzen können. Exporte haben sich seit 2003 zum Teil verdreifacht, heimische Firmen sind überall stark vertreten.
Nach dem Einmarsch der Russen in der Ukraine ist der Stellenwert der ehemaligen Ostländer in der EU – sie alle gehören auch der Nato an – deutlich gestiegen. Der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker räumte vor wenigen Wochen erst im Interview mit der Kleinen Zeitung ein, man hätte früher schon auf die Länder hören müssen. Derzeit halten sich allein in Polen rund eine Million geflüchteter Menschen aus der Ukraine auf.
Doch es geht weiter: Rechnet man den Langzeitkandidaten Türkei dazu, stehen schon wieder zehn Länder im Wartezimmer. Diesmal will man es aber langsamer angehen, auch wenn die Beteuerungen an die Ukraine, Moldau und den Westbalkan anderes vermuten lassen. Eine Erweiterung