Der Iran hat in der Nacht auf Sonntag erstmals Israel direkt angegriffen. Rund 200 Drohnen und Raketen wurden nach Angaben der israelischen Armee auf das Land abgefeuert. Laut US-Präsident Joe Biden wurden „fast alle“ abgefangen, viele davon auch von der US-Armee, die im Nachbarland Irak präsent ist. Gleichzeitig kam es zu Angriffen der libanesischen Hisbollah-Miliz und der jemenitischen Houthi-Rebellen. Vom israelischen Kriegskabinett hieß es, man werde Allianzen in der Region schmieden und zurückschlagen, wenn es günstig ist.
Steigende Solidarität mit Israel
Im Ö 1-Morgenjournal zeigte sich der deutsche Sicherheitsexperte Markus Kaim in Bezug auf einen möglichen Gegenschlag zurückhaltend: „Wir sehen eine Reaktion, die Israel erhofft haben müsste. Aufgrund des iranischen Angriffs solidarisieren sich wieder alle mit Israel.“ In den letzten Wochen hätten sich Verbündete wie die USA oder Deutschland aufgrund der „entgrenzten Kriegsführung im Gazastreifen“ zunehmend von Israel distanziert. Manche Mitgliedstaaten der Europäischen Union würden sogar mit der Anerkennung eines palästinensischen Staates spielen. „Die Unterstützung für Israel ist so laut und klar wie unmittelbar nach dem 7. Oktober“, so Kaim. „Vor diesem Hintergrund werden sie sehr zurückhaltend sein, diese Entwicklung mit einer unbedachten Eskalation zu verspielen.“
„Es war eine politische Botschaft“
Kaim sieht zwei Gewinner nach den iranischen Drohnenangriffen: „Der Iran ist in der Lage gewesen, sich vor der arabischen Welt als handlungsfähiges Regime zu präsentieren.“ Da auch Israel durch die gestiegene Rückendeckung verbündeter Staaten von der aktuellen Lage profitiere, sollte es kein Interesse daran geben, an dieser fragilen Balance zu rütteln. Der Iran hätte seine Angriffe mit mehreren Stunden Vorwarnzeit angekündigt, es wirke also so, als wäre gar kein wirklicher Schaden in Israel vorgesehen gewesen. „Es war eine politische Botschaft“, so der Sicherheitsexperte. Der Iran zeige damit, dass Israel eine Grenze überschritten habe, gab aber auch bekannt, dass die Vergeltung abgeschlossen wäre. Wichtig sei es laut Kaim, den Blick auf das Nuklearprogramm Irans zu richten: „Sie haben die Bombe oder könnten sie in den nächsten Wochen entwickeln.“