Der Wahlsieg in der ersten Runde der slowakischen Präsidentschaftswahlen geht überraschend eindeutig an den liberalen Karrierediplomaten und Ex-Außenminister der Slowakei, Ivan Korčok. Nach Auszählung von über 99,9 Prozent der Stimmen lag Korčok mit 42,5 Prozent unerwartet deutlich vor dem Regierungskandidaten von der linksorientierten Partei Hlas (Stimme). Parlamentspräsident Peter Pellegrini kam auf nur rund 37 Prozent. Die Stichwahl findet am 6. April statt.
In konkreten Zahlen konnte Korčok Pellegrini um über 120.000 Wählerstimmen schlagen. Der Sozialdemokrat wurde somit seiner Favoritenrolle nicht gerecht. Ein Großteil der Wählerumfragen hatte noch kurz vor dem Urnengang Pellegrini als Sieger der ersten Wahlrunde gesehen. Deutlich hinter den Erwartungen blieben auch die restlichen der insgesamt neun Kandidaten.
Wahlbeteiligung bei mehr als 51 Prozent
Der Drittplatzierte, der rechtsnationale Ex-Vorsitzende des slowakischen Höchstgerichts, Štefan Harabin, erhielt schließlich weniger als 12 Prozent der Stimmen. Die restlichen Kandidaten erreichten nicht einmal drei Prozent. Die Wahlbeteiligung betrug über 51 Prozent und lag somit deutlich über den Schätzungen.
Pellegrini sah seine Niederlage in der Wahlnacht etwas zögerlich ein. "Ich gratuliere Ivan Korčcok, beide sind wir in die zweite Runde gelangt," erklärte er in seiner Wahlzentrale. Vor der Stichwahl erwarte er "ein hartes Duell", wolle dabei aber seine bisherige Anständigkeit bewahren. "Wir sind auf den zweiten Platz gekommen, es hat sich aber gezeigt, dass die Slowakei keinen liberal-rechts-progressiven Präsidenten wünscht, sondern einen Präsidenten, der die Slowakei nicht in den Krieg ziehen wird und für den slowakische Interessen an erster Stelle liegen werden," meinte er in Anspielung auf die recht hohe Zahl der Wählerstimmen für den rechtsnationalen Harabin sowie die Position von Korčok, der ein eindeutiger Unterstützer der Ukraine ist.
Korčok: „In der zweiten Runde müssen wir mehr tun, damit wir gewinnen“
Die Stimmung in der Wahlkampfzentrale von Korčok war begeistert. Einen Unterschied von über fünf Prozent der Stimmen hatte kaum jemand erwartet, einschließlich Kročok selbst: „Ich weiß nicht - es sieht so aus, dass ich die erste Runde gewonnen habe!“, erklärte er mit gerührter Stimme.
Das Ergebnis der ersten Runde sehe hoffnungsvoll und ermunternd aus, meinte der Ex-Diplomat. "Wir haben einen großen Schritt getan, aber der Weg, der vor uns liegt, beginnt jetzt aufs Neue," sagte er. Er stehe daher mit beiden Beinen fest auf dem Boden. "In der zweiten Runde müssen wir mehr tun, damit wir gewinnen", betonte er. Ansprechen will er weiterhin vor allem junge Wähler, die nicht einverstanden sind mit dem Kurs, den die Slowakei aktuell eingeschlagen hat. "Sie stimmen nicht überein mit Vulgarität und fehlender Kultur, auch nicht damit, wohin die aktuelle Regierung die Slowakei in der Außenpolitik zieht," so Korčok.
Schärferer Wahlkampf zu erwarten
Die Anspielung zielte auf die Regierungskoalition des alt-neuen Regierungschefs Robert Fico ab, der seit seinem vierten Amtsantritt im Herbst des vergangenen Jahres versucht, das Land entsprechend seiner Vorstellungen zu ändern. Zu Ficos Koalition zählt auch Pellegrinis Partei Hlas. Die Präsidentschaftswahl wurde daher auch als Duell des russlandfreundlichen Regierungslagers von Fico gegen die prowestliche und liberale Opposition gesehen, die den parteilosen Korčok unterstützt. Eine definitive Entscheidung wird es aber erst in der zweiten Wahlrunde geben.
Laut Beobachtern könnte der Ausgang der ersten Runde ein zusätzlicher Mobilisierungsfaktor sein, vor allem für liberale Wähler, die überzeugt waren, dass der Wahlsieger längst fest stehe. Vor der Stichwahl sei auch ein schärferer Wahlkampf zu erwarten. In den nächsten zwei Wochen vor dem Finale werden sowohl Pellegrini als auch Korčok versuchen, Wähler der erfolglosen Kandidaten auf ihre Seite zu ziehen. Zielen dürften beide vor allem auf die Anhänger des drittplatzierten Harabin. Bessere Chancen hierfür hat Pellegrini, der für die eher radikalen Wähler von Harabin annehmbarer sein dürfte als der liberal-progressive Korčok. Einige Experten hatten schon im Vorfeld gewarnt, Korčok könnte sein Wahlpotenzial bereits erreicht haben. Zudem hat Pellegrini noch einen weiteren Vorteil: Als aktueller Parlamentspräsident ist er nahezu allgegenwärtig präsent in den Medien.
Der Präsident hat in der Slowakei überwiegend repräsentative Aufgaben. Der neuen Staatschef für die nächste fünfjährige Amtszeit wird indirekt aber auch die künftige außenpolitische Ausrichtung des EU- und NATO-Landes beeinflussen.