Die Europäische Volkspartei (EVP), der auch die ÖVP angehört, hat am Donnerstag auf ihrem Parteikongress in der rumänischen Hauptstadt Bukarest Ursula von der Leyen zu ihrer Spitzenkandidatin für die EU-Kommissionspräsidentschaft gewählt. Sie erhielt 400 von 489 gültigen Stimmen - das entspricht knapp 82 Prozent. 89 Delegierte stimmten mit Nein. In ihrer Rede bezog die 65-Jährige unter anderem klare Stellung zu Russlands Machthaber Wladimir Putin. Dieser werde wegen Kriegsverbrechen gesucht, er werde dafür „zur Rechenschaft gezogen“, sagte die EU-Chefin unter Applaus: „In Den Haag wartet ein Gerichtssaal auf ihn.“ 

In der anschließenden Pressekonferenz war der Umgang mit den Bereichen Migration und Asyl das beherrschende Thema. Im Wahlprogramm der EVP, dem „Manifesto“, ist die Rede von verstärkter Zusammenarbeit mit sicheren Drittländern, in denen auch das Asylverfahren abgewickelt werden soll – das erinnert stark an Vorstöße mehrerer Länder, Migranten nach Ruanda zu bringen. Pläne, die bisher aus rechtlichen Gründen nicht durchführbar sind und an denen bisher auch das aus der EU ausgetretene Großbritannien scheiterte. Von der Leyen betonte mehrmals, die EU werde sich ausschließlich im Rahmen der geltenden Gesetze und der Genfer Konvention bewegen; wie sich das dann umsetzen lässt, blieb vorerst offen.

Auf die Frage, ob sie Sorge habe, dass ihr noch laufende Verfahren rund um die Corona-Impfstoffbeschaffung und nicht offengelegte Textnachrichten im Zuge des Wahlkampfs schaden könnten, wich sie aus: „Was dazu zu sagen war, ist gesagt.“

Kommissionspräsidentin seit Dezember 2019

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erklärte in Bukarest sein Ja zu ihrer Wahl: Sie sei eine „gute und geeignete Kandidatin“. Mit von der Leyen habe die EVP eine sehr erfahrene Kandidatin, die viele Lehren aus ihrer Tätigkeit als Kommissionspräsidentin seit Dezember 2019 habe ziehen können. „Als Kommissionspräsidentin war sie auch immer meine Ansprechpartnerin als Bundeskanzler, wenn es ein bisschen robuster war in den Meinungsunterschiedlichkeiten, wie die Kommission agiert hat.“ Er nannte als Beispiele große Fragen wie die Migration oder die Frage des Transits, wo die Verkehrskommissarin Österreich nicht entgegengekommen sei.

„Unser Europa wird von Populisten und Demagogen herausgefordert wie nie zuvor“, erklärte von der Leyen in ihrer Rede vor den Delegierten vor ihrer Kür. „Sie wollen unser Europa zerstören. Wir, die EVP, werden das niemals zulassen“, erklärte die deutsche CDU-Politikerin. Bei den Europawahlen stehe viel auf dem Spiel. Dies sei das „Signal von Bukarest: Die EVP steht für Europa, für die Ukraine, für die Rechtsstaatlichkeit.“ Als große Herausforderungen nannte sie unter anderen Asyl und Migration: „Wir Europäer entscheiden, wer nach Europa kommt, nicht die organisierten Menschenschmuggler.“ Österreich nannte sie hier als Beispiel: „Wir sind so stolz auf (Bundeskanzler Karl, Anm.) Nehammer für die Stärkung der Außengrenzen und das Angehen der (illegalen, Anm.) Migration.“

Green Deal bleibt als Leitmotiv

Dieser plädierte für ausreichende Mittel für die Außengrenzstaaten, und ebenfalls für schnelle Asylverfahren in sicheren Drittstaaten: „Wir müssen auch dafür sorgen, dass die, die nicht bleiben dürfen, wieder rausgebracht werden.“ Europa müsse den „Kampf gegen Terrorismus, organisierte Kriminalität und radikale Islamisten aufnehmen, die unsere Freiheit und Demokratie bedrohen. Nur mit Sicherheit gibt es Demokratie und Freiheit.“ Er rief Europa auch dazu auf, „verstärkt den Kampf gegen den Antisemitismus zu führen“ und sich mit „Israel solidarisch zu zeigen“. Aber auch die Sorgen und Ängste der Palästinenser gegen die Hamas müssten ernst genommen werden.

Die EVP unter der Führung von Ursula von der Leyen habe in den vergangenen Jahren viele Probleme gelöst, betonte EVP-Vorsitzender Manfred Weber. Als Beispiel nannte er den Green Deal. „Bei Ursula wird die EVP in guten Händen sein.“ Er danke der Kommissionschefin für ihre Führungsstärke: „Du wirst eine starke Spitzenkandidatin sein.“