Einblicke in die republikanische Wahlkampfführung
Politik in den USA passiert durchaus nicht aus dem Bauch heraus, sondern das ist gut geplant und organisiert (im Idealfall). Dazu hören wir Steve Bergstrom, Chairman der Republikaner in Wake County, North Carolina, ein wohlhabender, allerdings mehrheitlich demokratischer Wahlbezirk. Bergstrom, Pilot bei einer großen Fluglinie, ist ein großer Trump- und Ronald-Reagan-Fan; sein E-Mail endet auf atreagan.com.
Das ganze Parteibüro ist voller Trump-Memorabilia, Pins, Becher, mehrere Versionen von MAGA-T-Shirts, „Make America Great Again“. Great, groß zu sein, sei sehr wichtig für das amerikanische Selbstverständnis, sagt Bergstrom. Dass Biden das dämonisiere, sei ein Fehler.
Bergstrom packt nun Folien und Grafiken aus. In der ersten ist aufgelistet, welche demokratische Senatoren kippreif sind. Dann die Zweite. Wahlkampf ist „outreach“, den Wähler per Brief, E-Mail und Text zu erwischen, aber auch dadurch, dass man an seine Tür klopft. „Das persönliche Gespräch ist am effektivsten“, sagt Bergstrom. Da die Partei aber keine Ressourcen verschwenden will, werden nicht lang gediente Wähler behelligt, sondern die wertvollen Wechselwähler. Allerdings auch die wachsende Zahl der unentschiedenen, die größte Wählergruppe.
Die Wähler hätten die Twitterkriege, die Beschimpfungen und das Drama satt, sie interessierten sich nur für ihre wirtschaftliche Lage, die Inflation, sagt der Republikaner noch. Noch wichtiger seien innere Sicherheit und Immigration. Selbst die Latinos in Wake County seien gegen offene Grenzen, Drogen, Gewalt, Fentanyl, bei denen habe Trump von 2026 zu 2020 fast zweistellig zugelegt.
Und die Kriege in der Ukraine und Israel interessiere das die Wähler? Oh ja, sagt Bergstrom, Wake County habe eine große jüdische Bevölkerung, die interessierten sich natürlich für den Krieg in Gaza. Auch viele Russen und Ukrainer lebten hier.
Würde Reagan eigentlich Trump gut finden? Eine interessante Frage, meint Bergstrom. Ihm fällt ein, dass beide früher Demokraten waren. Das verbindet sie, aber beantworten kann er das nicht so recht. Allerdings: Die Wahl in New York und Kalifornien wird Trump nicht gewinnen, das lässt sich klar voraussagen.
Kalifornien mit ganz besonderem Wahlsystem
Inzwischen wird im ganzen Land gewählt, auch an der Westküste, wo die Wahllokale erst um 23 Uhr Ortszeit schließen (in Alaska um Mitternacht). Und nicht nur der Präsidentschaftskandidat steht zur Wahl, auch mehrere Senatoren und Abgeordnete. Kalifornien, der größte Staat der USA, was die Bevölkerung angeht (der größte in der Fläche ist Alaska), hat dafür ein einmaliges Wahlsystem: Nach dem Super Tuesday kandidieren die beiden Aspiranten mit der höchsten Stimmenzahl gegeneinander in einer Stichwahl — und zwar, anders als anderswo, unabhängig von der Partei. Das bedeutet, dass zwei Kandidaten der gleichen Partei einander aushebeln können.
Das könnte mit dem Senatssitz von Dianne Feinstein passieren, demokratisches Urgestein, die letztes Jahr im hohen Alter von 90 Jahren verstorben ist, bis zuletzt an ihrem Amt festhaltend. Um ihren Senatorenposten konkurrieren Adam Schiff, Katie Porter, und Barbara Lee, alle drei Demokraten im Repräsentantenhaus. Denn Senator zu sein ist prestige- und einflussreicher denn gewöhnlicher Abgeordneter.
Der Feinstein-Sitz galt als Erbhof der Demokraten. Dann aber tauchte — schreibt die New York Times —, beinahe aus dem Nichts Steve Garvey auf, ein früherer Spieler des Baseballteams Los Angeles Dodgers (oder, wie wir es in New York nennen, die Brooklyn Dodgers), und Republikaner. Schiff machte eine Überschlagsrechnung und dachte, bei einer Stichwahl sei ein Republikaner leichter zu schlagen als eine Mit-Demokratin und verpulverte zehn Millionen Dollar mit anti-Garvey-Werbung.
Das machte Garvey erst richtig bekannt. Damit tritt womöglich aber im Herbst nicht mehr kalifornischer Demokrat gegen kalifornische Demokratin an, sondern Demokrat gegen Republikaner, so dass die Eselspartei tatsächlich diesen Sitz verlieren könnte. Und die Demokraten haben im wichtigen, wichtigen Senat nur eine ganz knappe Mehrheit. Man fragt sich, warum Gouverneur Gavin Newsom, dem selber Ambitionen auf das Präsidentschaftsamt nachgesagt werden, dem übereifrigen Genossen Schiff nicht rechtzeitig den Kopf gewaschen hat.
20.30 Haley auf X: „Es geht darum, das Land zu retten“
Auf ihrem X-Account (ehemals Twitter) macht Nikki Haley schon den ganzen Tag fleißig Werbung in eigener Sache. In ihrer jüngsten Nachricht an potenzielle Wählerinnen und Wähler teilte sie einige Fotos von Menschen, die sie während ihrer Wahlkampftour in den vergangenen zehn Tagen in zehn Bundesstaaten getroffen hatte, und bedankte sich für deren Unterstützung. „Deshalb bin ich hier. Es geht nicht um mich, sondern darum, unser Land zu retten“, schreibt Haley.
19.45 Pressestimmen zu US-Vorwahlen
Die liberale schwedische Tageszeitung „Dagens Nyheter“ (Stockholm) kommentiert am Dienstag die Vorwahlen in den USA:
„Aus dem Spiel. In den Wochen nach der Stürmung des Kapitols sah es so aus, als ob Donald Trump das wäre. Der Führer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, erklärte, er sei ‚hocherfreut‘, dass Trump sich selbst erledigt habe.
Das war damals. Die ‚Super Tuesday‚-Vorwahlen in 15 US-Staaten sind kein Wettbewerb, sondern im Grunde eine Krönung des Präsidenten. Donald Trump gegen Joe Biden - alles noch einmal von vorne? Sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite wird spekuliert, dass der bald 82-jährige Biden noch vor dem Wahltag einer jüngeren Alternative Platz machen wird. Aller Voraussicht nach wird es Biden sein, der die amerikanische Demokratie erneut gegen Trump verteidigen muss.
Die „Los Angeles Times“ kommentiert am Dienstag die Entscheidung des Obersten Gerichts der USA, Ex-Präsident Donald Trump dürfe nicht von Wahlzetteln bei den Vorwahlen seiner Partei in Colorado und anderen US-Staaten gestrichen werden:
„Es ist nun klar: Soll Trump von der Rückkehr ins Weiße Haus gehindert werden, muss er von den Wählern abgelehnt und ihm die Mehrheit in der Wahlversammlung verwehrt werden. Unabhängig von der rechtlichen Begründung der Entscheidung des Gerichts besteht die wichtigste Konsequenz darin, dass die Demokratie gestärkt wurde.
Das Gericht müsste sich nicht mit diesen Fragen herumschlagen, wenn Trump sich aus der Politik zurückgezogen hätte, nachdem er mit seinen eigennützigen Behauptungen über Wahlbetrug einen Aufstand am Kapitol ausgelöst hatte. Beamte oder verärgerte Wähler in Colorado, Kalifornien und anderen US-Staaten hätten es vielleicht gar nicht in Erwägung gezogen, wenn republikanische Politiker und Wähler Trump als das gesehen hätten, was er ist: Ein Narzisst, der mit seinen Versuchen, das Ergebnis der Wahl 2020 zu kippen, beinahe unsere Demokratie zerstört hätte. Das allein sollte ihn in den Augen der Wähler disqualifizieren. (...)
Weder das Oberste Gericht noch die Verfassung werden die Wähler von der Verantwortung entbinden, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass er offensichtlich für eine weitere Amtszeit als Präsident ungeeignet ist.“
18.45 Die wechselhafte politische Landschaft von Robeson County
KLZ-Korrespondentin Eva Schweitzer mit der nächsten Meldung aus den USA: Robeson County, ein wald- und seenreicher Landstrich südöstlich von Raleigh, ist für Statistiker ein ganz besonderer Wahlkreis: Hier hat Barack Obama mit 14 Prozent über seinen republikanischen Konkurrenten gesiegt; acht Jahre später schwenkten die Wähler zu Donald Trump um, der hier um 18 Prozent über Hillary Clinton lag, berichtet Lightning Czabovsky, Journalismusprofessor aus North Carolina, der sich mit Wahlstatistik beschäftigt. Warum? Hier leben die Lumbee, der größte indianische Stamm, der von der Bundesregierung in Washington noch nicht anerkannt ist. Aber wollen die Lumbee; das bringt viele Vorteile: weniger staatliche Steuern, eine vom Bund finanzierte Gesundheitsvorsorge, die Option, ein Casino zu bauen.
Obama hatte dem Stamm Versprechungen gemacht, die aber nicht durchgesetzt. North Carolina lässt nicht beliebig viele Casinos zu, und die Stämme der Cherokee und der Catawba haben schon welche. „Danach haben sie es eben mit Trump versucht“, sagte Lightning. Der habe auch nichts getan. Nun ist der Statistiker gespannt, für wen die Lumbee diesmal stimmen. Immerhin, der Stamm hat inzwischen einen Starbucks an der Interstate 45. „Der ist aber eher für die Touristen.“
Lightning, der in Durham lebt, ist mit einem Lumbee verheiratet, deshalb interessiert ihn das besonders. North Carolina ist ein Swing State, aber so viele Lumbee gibt es doch wieder nicht, dass sie die Wahl entscheiden können. Dazu bräuchte es mindestens 100.000 Stimmen, erklärt der Statistiker. Allerdings, es gebe einen Wahlkreis an der Küste, New Hanover, der als Indikator für die Wahl gilt, der wähle um drei bis viel Prozent mehr demokratisch als ganz North Carolina. „Wenn dort der Vorsprung unter drei Prozent sinkt, dann gewinnen hier die Republikaner“, meint Lightning. Aber da sei es noch lange hin. Noch sind nur die Vorwahlen.
18.30 Taylor Swift ruft Fans am „Super Tuesday“ zum Wählen auf
Pop-Ikone Taylor Swift hat zum „Super Tuesday“ in den USA einen Wahlaufruf gestartet. „Ich wollte Euch daran erinnern, für die Menschen zu stimmen, die Euch am meisten repräsentieren“, schrieb die 34-Jährige am Dienstag in einer Instagram-Story. „Wenn Ihr bisher nicht geplant habt, wählen zu gehen, tut es heute.“
„Ganz gleich, ob Ihr in Tennessee oder anderswo in den USA lebt, informiert Euch über Eure Wahllokale und -zeiten“, schrieb Swift weiter und fügte einen Link zu einer überparteilichen Website bei, die Informationen zu US-Wahlen bietet. Die Sängerin hat bei ihren Fans einen enormen Einfluss und auf Instagram rund 280 Millionen Follower. Zuletzt nahmen in rechten Kreisen Verschwörungstheorien über Swift Fahrt auf, weil sie sich vor der Präsidentenwahl 2020 hinter Biden gestellt und seitdem ihre Fans wiederholt dazu aufgefordert hatte, wählen zu gehen.
17.30 Haley bleibt Republikanerin
Ebenfalls im Gespräch mit „Fox News“ erklärte Nikki Haley, dass sie erneut eine Kandidatur für „No Labels“ abgelehnt hat: „Ich habe viele, viele Male gesagt, dass ich nicht als Unabhängige kandidieren würde. Ich würde nicht für ‚No Labels‘ kandidieren, weil ich Republikanerin bin. Und das bin ich schon immer gewesen. Und das werde ich auch weiterhin sein.“ Die Drittparteien-Bewegung „No Labels“ will sich nach dem Super Tuesday treffen, um zu entscheiden, ob sie mit ihren Plänen für eine unabhängige Kandidatur fortfahren wird, berichtet der Guardian.
Grund für die Aussage war, dass ihr Gegner Trump in einem Interview sagte, dass sie es nicht schaffen würde, als Kandidatin für die Republikaner nominiert zu werden.
17.15: Trump im TV-Interview
Donald Trump erklärte im Gespräch mit dem TV-Sender „Fox News“, dass er am Super Tuesday „jeden Staat“ für sich einnehmen wird. Weiters sagte er, dass er sich vollständig auf die Novemberwahl gegen seinen Gegner, Joe Biden, konzentriert.: „Mein Fokus liegt jetzt wirklich auf Biden.“
16.45 Uhr: META-Plattformen haben Probleme
Die Social-Media-Plattformen „Facebook“ und „Instagram“ der Firma „META“ von Mark Zuckerberg funktionieren aktuell nicht. Nutzerinnen und Nutzer der Kurznachrichtenplattform X (ehem. Twitter) gehen davon aus, dass Zuckerberg so in die Wahlen eingreifen will.
16.30 Uhr: Pro-Life als Argument
KLZ-Korrespondentin Eva Schweitzer berichtet aus den USA: Das Brier Creek Community Center liegt außerhalb von Raleigh, in einer besseren Gegend mit renovierten Giebelhäusern und blühenden Bäumen. Vor dem Center stehen zwei Wahlhelfer, zwei Demokraten unter einem blauen Schirm, ein Republikaner unter einer amerikanischen Fahne. Ein silberner Mercedes rollt vor; eine ältere Afro-Amerikanerin steigt aus, sie strebt den Demokraten zu.
Bei den Republikanern steht Larry Jennings, ein 70-jähriger Trump-Fan. Auf dem Tisch vor ihm liegen Ballots, Stimmzettel, mit allen Republikanern, die kandidieren, Gouverneur, Kongress, Präsidentschaftskandidaten. Bei denen sind nun alle Namen durchgestrichen, außer Donald Trump und Nikki Haley. Der freundliche, ruhige weißhaarige Jennings ist ein großer Fan von Trump. Der sei für „Amerika First“, Amerika zuerst, sagt er. Er wolle nicht, dass Amerika Soldaten ins Ausland schicke, schon gar nicht, um die Ukraine zu verteidigen. Und Trump werde die Grenze sichern, die vielen illegalen Immigranten seien derzeit das größte Problem.
Trump mag er aber auch, weil er pro-Life sei, ein Christ. Einer seiner Söhne sei fast einer Abtreibung zum Opfer gefallen, seine Frau hatte eine Schwangerschaft in der Bauchhöhle. Sie waren schon in der Klinik, da habe Gott das Baby zurück in die Gebärmutter geschoben. Die Krankenschwester habe es auf dem Ultraschall gesehen, die sei ganz weiß geworden. Also, pro-Life.
15.44 Uhr: Nikki Haley adressiert die Bundesstaaten
Nikki Haley, die letzte verbliebene republikanische Konkurrentin, ruft auf der Social-Media-Plattform X (ehemals Twitter) dazu auf, wählen zu gehen. Haley zeigt sich trotz vieler Rückschläge kämpferisch und teilt ordentlich gegen Donald Trump aus.
14.21 Uhr: Joe Biden meldet sich via X
14.15 Uhr: Primaries finden statt
KLZ-Korrespondentin Eva Schweitzer berichtet: Super Tuesday in Amerika! Heute finden die Primaries für ein gutes Dutzend Staaten statt, darunter die beiden größten; Kalifornien und Texas. In Alabama, Alaska, Arkansas, Colorado, Iowa, Maine, Massachusetts, Minnesota, North Carolina, Oklahoma, Tennessee, Utah und Vermont wird gewählt, wen die Parteien als Kandidaten in den Kampf ums Weiße Haus schicken. Die erste Wahllokale schließen um 19.00 Ostküstenzeit, was heißt, dass Europa die ersten Ergebnisse erst weit nach Mitternacht erfährt. Während Joe Biden, der demokratische Amtsinhaber, ohne echte Konkurrenz antritt, muss sein Herausforderer, der Republikaner und frühere Präsident Donald Trump die Nominierung noch erlangen. Allerdings: Noch ist seine Konkurrentin Nikki Haley im Rennen.
Dass er das aber schafft, daran zweifelt niemand, denn er liegt weit in Führung, und der Supreme Court, das höchste Gericht der USA hat am Montag seinem Antrag stattgegeben, ihn in sämtlichen Staaten auf dem Stimmzettel zu halten. Einige Staaten, darunter Colorado, wollten ihn nicht zulassen wegen seiner Rolle bei dem Aufstand vom 6. Januar 2023. Wir berichten heute aus den USA, angefangen mit North Carolina, wo die ersten Wahllokale schon vor einer guten Stunde aufgemacht haben.
13.17 Uhr: Trump bleibt auf Wahlzetteln
Die „Los Angeles Times“ kommentiert am Dienstag die Entscheidung des Obersten Gerichts der USA, Ex-Präsident Donald Trump dürfe nicht von Wahlzetteln bei den Vorwahlen seiner Partei in Colorado und anderen US-Staaten gestrichen werden: „Es ist nun klar: Soll Trump von der Rückkehr ins Weiße Haus gehindert werden, muss er von den Wählern abgelehnt und ihm die Mehrheit in der Wahlversammlung verwehrt werden. Unabhängig von der rechtlichen Begründung der Entscheidung des Gerichts besteht die wichtigste Konsequenz darin, dass die Demokratie gestärkt wurde.“
13.00 Uhr: Start des Super Tuesday
Im US-Präsidentschaftswahlkampf wird am Dienstag der nächste große Meilenstein erreicht. Am „Super Tuesday“ halten Republikaner und Demokraten in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten parteiinterne Vorwahlen ab, etwa in Alabama, Kalifornien, Colorado, Maine, Minnesota, North Carolina, Texas und Virginia. Bei den Republikanern liegt Ex-Präsident Donald Trump haushoch in Führung. Erst am Montag deklassierte er seine verbliebene Kontrahentin Nikki Haley in North Dakota.