Der russische Präsident Wladimir Putin sprach am Donnerstag zur Nation. Dabei drohte er dem Westen erneut mit dem Einsatz von Atomwaffen. Vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen Mitte März, bei denen der Kremlchef mit großer Sicherheit zum fünften Mal in das Amt gewählt wird, warnte er die Unterstützer des Kriegsgegners Ukraine erneut vor einem möglichen Einsatz von Nuklearwaffen und mahnte, die russischen Soldaten nicht zu unterschätzen.
In der ZIB2 gab der deutsche Politologe und Russland-Experte Nico Lange seine Einschätzungen zu Putins Rede.
„Putin will Gegenbewegungen in Keim ersticken lassen“
„Es war eine nach innen gerichtete Rede und ein Sammelsurium von Versprechungen“, lautete die erste grobe Analyse des Politikwissenschaftlers zur Rede des Kremlchefs. Und weiter: „Er hat angekündigt, was in Russland bis 2030, also bis zur nächsten Präsidentschaftswahl, alles toll sein wird. Da muss man sich die Frage stellen: Was hat Putin in den letzten 25 Jahren gemacht?
Putin sei sich seiner Wiederwahl sehr sicher, was Lange damit erklärt, dass er wisse, dass die Russen keine andere Wahl hätten, als ihn zu wählen. Nach sowjetischer Tradition stehe bereits jetzt fest, dass Putin in einigen Regionen genügend Zuspruch erhalte und es nur noch darum gehe, wie viel Prozent er am Ende erhalte.
Die Rede sei auch eine Traumabewältigung Putins gewesen. „Putin ist geprägt von seiner Zeit als KGB-Agent in Deutschland und will mögliche Gegenbewegungen nach seiner Wiederwahl im Keim ersticken. Deshalb werden bei den anstehenden Wahlen keine anderen Kandidaten zugelassen“, so Lange zur Strategie Putins.
Macrons Aussage bei Gipfel unglücklich
Drohungen wie die des französischen Präsidenten Emmanuel Macron beim Gipfeltreffen am vergangenen Montag in Paris, er könne sich die Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine vorstellen, seien laut Lange eine Gefahr für Putins imperiale Ambitionen: „Er will seine historische Mission erfüllen und militärische Gewalt ausüben.“ Er habe den Ball von Macron aufgenommen und die Erwähnung des russischen Nuklearpotenzials als Kriegserklärung kommuniziert, um den Westen zu erschrecken.
Die Äußerung Macrons sei insofern unglücklich gewesen, als er sie ohne Absprache mit anderen Regierungschefs gemacht habe und daher eine gewisse Uneinigkeit bestehe. An sich sei es aber nicht falsch, als Unterstützer der Ukraine nichts auszuschließen.
Die grundsätzliche Einigkeit in Europa, die Ukraine im Krieg weiter zu unterstützen, sei aber nach wie vor gegeben. „Die Ukraine muss die russischen Streitkräfte in der Ukraine schlagen, um Putins imperiale Ambitionen zu stoppen. Dafür muss Europa weiterhin Munition und Luftabwehr liefern“, so Lange über mögliche weitere Schritte Europas, um im Krieg gegen Putins Russland voranzukommen. Schließlich habe Putin keine militärischen Erfolge vorzuweisen und die Ukraine könne im Prinzip mithalten.
Republik Moldau für Putin aktuell nicht erreichbar
Dass Russland Transnistrien in seiner Rede nur indirekt erwähnte, überraschte Lange: „Putin hat Fakten geschaffen, dass diese Gebiete nie wieder zu ihren Staaten zurückkehren werden.“ Kurzfristig habe Putin jedoch keine Möglichkeit, Moldau anzugreifen, da der Landstrich isoliert sei. Ob sich diese Möglichkeit bald ergeben könnte, hängt für Lange von Europa ab: „Putin ist weit von einem Waffenstillstand entfernt, er rüstet weiter auf. Dieses Szenario kann nur verhindert werden, wenn die Ukraine weiter aufgerüstet wird.