Wenn Kaja Kallas das Wort Freiheit verwendet, weiß sie, wovon sie spricht. 1949 hatten sowjetische Soldaten ihre Mutter, ihre Großmutter und ihre Urgroßmutter in einen Viehwaggon gesperrt und von ihrer estnischen Heimat weg in Richtung Sibirien deportiert. Es folgten Jahre der Angst, des Hungerns in der Kälte. Es waren auch Jahre des Durchhaltens: Die Frauen hatten eine Nähmaschine mit auf ihre beschwerliche Reise genommen, die letztlich dazu beitrug, dass sie überlebten – weil sie in den Jahren der Not Kleider fremder Leute ausbesserten.