Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat eine eigenständige und dauerhafte Produktion von Munition in Deutschland und Europa angemahnt. Scholz lobte am Montag bei einem Besuch des Rheinmetall-Standorts im niedersächsischen Unterlüß, dass das Unternehmen dort die Produktion stark ausweiten wolle. „200.000 Artilleriegeschosse pro Jahr, dazu Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie sollen hier künftig entstehen“, sagte Scholz.
„Das ist beeindruckend“, so der deutsche Kanzler. In der Ost- und Südukraine würden derzeit allerdings pro Tag mehrere Tausend Artilleriegeschosse abgefeuert.
Scholz mahnte in seiner Rede, dass es nicht nur darum gehe, dass die Regierungen die nötigen finanziellen Mittel bereitstellen. „Eine starke Verteidigung braucht eben auch eine solide industrielle Grundlage.“ Dafür sei es nötig, dass die Europäer ihre Bestellungen im Rüstungsbereich bündeln und der Industrie somit Perspektiven für die nächsten Jahre geben. „Wir müssen weg von der Manufaktur – hin zur Großserienfertigung von Rüstungsgütern“, sagte der Kanzler.
300 Millionen Euro in Werk investiert
Mit der Investition von 300 Millionen Euro in das neue Niedersachsen-Werk lege Rheinmetall die Grundlage dafür, „die Bundeswehr und unsere Partner in Europa eigenständig und vor allem dauerhaft mit Artilleriemunition zu versorgen“, sagte Scholz, der ebenso wie Verteidigungsminister Boris Pistorius und die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nach Unterlüß gereist war. „Das zeigt, wie wichtig eine eigenständige und dauerhafte Produktion solcher Munition ist.“ Die Depots der Bundeswehr seien ziemlich leer gewesen.
Frederiksen sagte der Ukraine eine weitere Unterstützung zu. Die Länder der EU seien aufgefordert, ihre Verteidigungsindustrie rasch auszubauen.
Nach Trump-Sager: „Sind dem Zwei-Prozent-Ziel verpflichtet“
Der frühere US-Präsident und republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hatte erklärt, er würde Nato-Partnern, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, keinen Schutz vor Russland gewähren. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump Deutschland wiederholt vorgeworfen, zu wenig Geld für Verteidigung auszugeben.
Die deutsche Bundesregierung reagierte gelassen: „Wir sind dem Zwei-Prozent-Ziel verpflichtet und entschlossen, das weiter einzuhalten“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann mit Blick auf die Rüstungsausgaben. Auch ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums betonte, dass Deutschland immer alle Nato-Anforderungen erfüllt habe. Die Nato-Länder hatten sich 2014 darauf verständigt, bis 2024 zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Deutschland will dieses Ziel 2024 nach eigenen Angaben erreichen, auch dank des 100-Milliarden-Euro-Sonderkredits für die Bundeswehr. Finanzminister Christian Lindner hatte zudem versichert, dass dies auch über das Jahr 2028 hinaus so bleiben werde, wenn das Geld aus dem Sondertopf ausgegeben sein wird.
„Keine Alternative zu Nato, EU, transatlantischer Zusammenarbeit“
„Es gibt keine Alternative zur EU, zur Nato, zur transatlantischen Zusammenarbeit“, sagte der polnische Premier Donald Tusk vor einem Besuch in Paris. Europa müsse ein sicherer Kontinent werden und bereit sein, die eigenen Grenzen zu verteidigen. „Ich denke, was der amerikanische Präsidentschaftskandidat gesagt hat, ist auch etwas, um vielleicht einige der Verbündeten aufzuwecken, die nicht so viel getan haben“, betonte die estnische Regierungschefin Kaja Kallas.
Auch der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, forderte die Europäer auf, mehr Geld für ihre Sicherheit auszugeben. Es sei schwer, Amerikanern zu erklären, warum sie viel mehr für Verteidigung ausgeben würden als die Europäer. Allerdings appellierte Heusgen auch, Ruhe zu bewahren. Obwohl Trump den Europäern schon früher gedroht habe, habe es am Ende seiner Amtszeit mehr US-Soldaten in Europa gegeben als zu Beginn.
Der Sieger der finnischen Präsidentschaftswahl, Alexander Stubb, gab sich ebenfalls entspannt. „Der Wahlkampf in den USA unterscheidet sich sehr von dem in Finnland, und die Rhetorik ist wesentlich schärfer“, sagte er. „Ich denke, in dieser Phase ist es am besten, ruhig zu bleiben und sich auf den Ausbau unserer Nato-Mitgliedschaft zu konzentrieren“, sagte Stubb in Helsinki. Wie die deutsche Bundesregierung verwies er darauf, dass das neue Nato-Mitglied Finnland bereits mehr als zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgebe.