Es ist eine Kriegserklärung, die Paris für Besucher mit schweren Stadtgeländewagen vorbereitet: Für sechs Stunden Parken im Zentrum sollen Besucher der französischen Hauptstadt bald 225 Euro blechen, in den Außenbezirken sollen 150 Euro fällig werden. Bei einer Bürgerbefragung an diesem Sonntag (4.2.) kann die Bevölkerung entscheiden, ob es zu der Verdreifachung der Parkgebühren auf öffentlichen Parkplätzen für die schweren SUV kommt.
Schon eine Stunde Parken würde im Zentrum dann 18 Euro statt üblicherweise sechs Euro kosten, in den Außenbezirken zwölf statt vier Euro. Wenn man mehrere Stunden parkt, stiegen die Gebühren dabei schon jetzt mit zunehmender Dauer überproportional an. Das Argument der Stadt für höhere Gebühren für SUV: Die schweren Karossen sorgten für eine erhöhte Umweltverschmutzung, beanspruchten viel öffentlichen Raum und gefährdeten die Verkehrssicherheit. Heftige Kritik erntete die Stadtverwaltung schon vor der Abstimmung.
Automobilclub macht dagegen mobil
Eine Petition „Stopp dem Kampf gegen SUV“ hat bereits der Automobilclub „40 millions d‘automobilistes“ angeschoben, denn auch in anderen französischen Großstädten wie Lyon, Bordeaux oder Grenoble sollen erhöhte Parkgebühren für die schweren Autos kommen. Von einer versteckten Maßnahme, um einer möglichst großen Zahl von Menschen das Autofahren in den Städten zu versauern, spricht der Automobilclub. Im ersten Halbjahr 2023 seien 46 Prozent der Neuzulassungen in Frankreich SUV gewesen, was zeige, dass die Wagen beliebt seien. Opfer der erhöhten Parktarife seien vor allem Familien, die sich ein Auto mit mehr Platz gönnten. Absehbar sei, dass die Restriktionen insgesamt verschärft würden. „Machen Sie sich nichts vor: Dieser Kampf gegen SUV ist nur ein Hintertürchen, um das Auto als Ganzes auszurotten.“
Mit dem Sondertarif für große Autos sollten die von ihnen verursachten Belästigungen begrenzt werden, betont unterdessen die Stadt. „Diese Abstimmung soll eine Botschaft an die Automobilhersteller sein. Ihr Profitstreben, das darin besteht, absichtlich immer größere, verbrauchsstärkere und teurere Fahrzeuge zu verkaufen, gefährdet den ökologischen Wandel.“ Mit der Abstimmung am Sonntag könne die Bevölkerung den öffentlichen Raum beruhigen und ein neues Gesellschaftsmodell unterstützen.
Teil der Verkehrswende
In Paris ist der Kampf gegen SUV Teil einer Verkehrswende, die schon seit Jahren von der sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo und der rot-grünen Stadtregierung vorangetrieben wird. Gegen erheblichen Widerstand ließ Hidalgo etliche Uferstraßen an der Seine für Autos sperren und machte sie für Fußgänger zugänglich. Das Radwegenetz in Paris wächst, wofür die Zahl der Autofahrspuren und Parkplätze reduziert wird. Neue Grünflächen werden angelegt und im Stadtgebiet wurde fast überall Tempo 30 eingeführt, für Motorroller mit Benzinantrieb sind seit einer Weile Parkgebühren fällig.
Ende August endete auch der E-Scooterverleih in Paris, nachdem sich bei einer Bürgerbefragung eine Mehrheit gegen die Roller ausgesprochen hatte, die den Verkehr unsicher machten und oft kreuz und quer herumlagen. Auf der Stadtautobahn, der stark befahrenen „Périphérique“, will Hidalgo außerdem die Höchstgeschwindigkeit von 70 auf Tempo 50 senken, auch hier hagelt es Protest.
Nur für Besucher
Den Sondertarif für SUV sollen ausschließlich Besucher blechen. Einwohner der Hauptstadt sollen ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste. Greifen soll der Tarif für Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht. Wie die Wirtschaftszeitung „Les Échos“ anhand von Zulassungsdaten berechnete, würden die erhöhten Parkgebühren fast 900.000 Autos in der Hauptstadtregion Île-de-France betreffen, etwa 16 Prozent des Fahrzeugbestands. Überraschend dabei: Bei rund der Hälfte der betroffenen Autos handelt es sich demnach gar nicht um SUV, sondern um schwere Limousinen und auch Vans.
In Deutschland rief vor einigen Tagen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) alle deutschen Städte dazu auf, nach Pariser Beispiel höhere Parkgebühren für immer größer werdende SUV festzulegen. „Diese Monster-SUV blockieren zunehmend Gehwege und Grünflächen und gefährden Menschen, die zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs sind. Dem Größenwahn bei SUV muss Einhalt geboten werden“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Zusätzlich zu den Parkgebühren müsse es verbindliche Größen- und Gewichtsvorgaben für Autos geben. Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) kritisierte die DUH-Forderung. „Höhere Parkgebühren mit einem Gewicht über 1,6 Tonnen können jedoch keine Lösung sein.“ Betroffen davon wären auch Fahrzeuge, bei denen es sich gar nicht um SUV handelt.