Pakistan hat als Reaktion auf Angriffe des Iran seinerseits Stellungen belutschischer Separatisten im Nachbarland beschossen. Der Angriff auf die Provinz Sistan-Belutschistan am Donnerstag habe Extremisten gegolten, wie das pakistanische Außenministerium mitteilte. Die Streitkräfte seien weiter in „in extrem hoher Alarmbereitschaft“. China und Türkei mahnten umgehend, die Lage nicht weiter zu verschärfen.

Sollte das Nachbarland erneut Ziele auf seinem Territorium angreifen, sei man bereit für weitere Vergeltung, hieß es aus ranghohen Sicherheitskreisen. Auf jedes „Missgeschick“ der iranischen Seite werde Pakistan energisch reagieren.

Laut der iranischen Nachrichtenagentur Irna kamen bei dem Angriff zehn Menschen, darunter vier Kinder, ums Leben. Der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Nasser Kanaani, verurteilte den Angriff. Wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, wurde der pakistanische Geschäftsträger ins Außenministerium zitiert.

Luftangriff und diplomatische Reaktionen

Am Dienstag hatte der Iran Ziele der extremistischen Gruppe Jaish al-Adl in Pakistan attackiert. Dabei kamen nach pakistanischen Angaben zwei Kinder ums Leben. Die Atommacht Pakistan hatte die Angriffe scharf kritisiert und den Botschafter aus Teheran abgezogen. In der Nacht hatte die iranische Revolutionsgarde (IRGC) zudem Ziele im Irak und in Syrien mit ballistischen Raketen angegriffen.

Das pakistanische Außenministerium rechtfertigte den Angriff am Donnerstag mit Hinweisen auf terroristische Bedrohungen in der Region. Dennoch respektiere Pakistan die Souveränität und territoriale Integrität des Iran. „Der Iran ist eine brüderliche Nation und die Menschen Pakistans haben großen Respekt und Zuneigung für die Menschen des Iran.“

China rief beide Seiten zu Ruhe und Zurückhaltung auf. Eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums sagte: „Wenn es auf beiden Seiten einen Bedarf gibt, sind wir auch bereit, eine konstruktive Rolle bei der Entspannung der Situation zu spielen.“

Auch die Türkei rief zur Mäßigung auf. Man sei bereit, zu vermitteln. Die iranischen Revolutionsgarden hatten ebenfalls am Dienstag nach eigenen Angaben eine Spionagezentrale des israelischen Geheimdienstes Mossad im nordirakischen Erbil sowie Stellungen der IS-Miliz in Syrien angegriffen, die sich zu dem Anschlag im iranischen Kerman Anfang des Monats bekannte hatte, bei dem fast 100 Menschen getötet worden waren. Die Beteiligten sollten den gesunden Menschenverstand walten lassen, erklärte das türkische Außenministerium. Minister Hakan Fidan sagte nach Beratungen mit seinen Amtskollegen aus dem Iran und aus Pakistan, beide Seiten wollten die Spannungen in der Region nicht eskalieren. So bald als möglich solle wieder Ruhe einkehren.

Zunehmende Spannungen und strategische Fehleinschätzungen

Seit Ausbruch des Gaza-Krieges wächst die Sorge vor einem Flächenbrand in der Region. Auch die Spannungen zwischen dem Iran und anderen Nachbarländern nehmen zu. Walter Posch, Iran-Experte und Konfliktforscher an der Landesverteidigungsakademie, erklärte im Ö1-Mittagsjournal, dass der Flächenbrand schon Realität sei. „Wir haben viele Konflikte, die aufgebrochen wurden. Aber eine richtige, systematische Konfliktamalgamierung sehe ich noch nicht.“ Das Verhältnis zwischen dem Iran und Pakistan solle sich wieder „einrenken lassen“, doch werde irgendwann die Entscheidung des Westens anstehen, ob man direkt gegen den Iran vorgehen muss.

Die gegenseitigen Angriffe folgten auf jüngste positive Entwicklungen der Beziehungen. Erst am Dienstag hatten sich der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian und Pakistans geschäftsführender Premierminister Anwaarul Haq Kakar beim Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos getroffen. Die Nachbarländer hielten gerade eine gemeinsame Marineübung ab.

Die iranischen Kapazitäten der Luftverteidigung seien nach dem Vorfall infrage gestellt, so Hamidreza Azizi, Gastwissenschafter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin auf der Online-Plattform X (vormals Twitter). „In Anbetracht möglicher langfristiger Auswirkungen auf die Abschreckung und Sicherheit Irans war der Angriff auf Pakistan wahrscheinlich einer der größten strategischen Fehler in der Geschichte der Islamischen Republik.“