Kathleen Murrays Rasen ist von zweifelhafter Schönheit: Statt eines schön manikürten, dichten grünen Grases steht die australische Frau auf einem vertrockneten Stück Erde. Verdorrte Grasbüschel und Löcher wechseln sich ab, dazwischen sprießt Unkraut hervor. Murray lebt auf der australischen Insel Tasmanien und ist stolz darauf, dass sie die Gewinnerin eines Wettbewerbs ist, der am anderen Ende der Welt ausgeschrieben wurde – auf Gotland, der größten schwedischen Insel.
Die dortigen Organisatoren des Gartenwettbewerbs suchten aus gutem Grund nach dem „hässlichsten Rasen der Welt“. Sie wollen damit auf die weltweit herrschende Wasserknappheit aufmerksam machen und was man dagegen tun kann. „Wasserknappheit ist ein ernstes Problem auf der Welt“, sagte Mimmi Gibson, Marketingmanagerin der Region Gotland, die den ungewöhnlichen Wettbewerb ausrichtete.
Rasen als Wasserverschwender
Nach Angaben der UNESCO werden bis zum Jahr 2050 voraussichtlich bis zu 2,4 Milliarden Menschen in städtischen Gebieten von Wasserknappheit betroffen sein. Auch Gibson warnte, dass der globale Trend in Richtung eines immer trockeneren Klimas gehe. Um eine langfristig nachhaltige Wassersituation für die Welt zu schaffen, müssten wir alle gemeinsam daran arbeiten, den Wasserverbrauch reduzieren.
Und genau dazu soll die Auslobung des „hässlichsten Rasens der Welt“ inspirieren. Der ungewöhnliche Wettbewerb hat mit der Hollywoodschauspielerin und Umweltschützerin Shailene Woodley eine prominente Unterstützerin. Woodley bezeichnete ihn als „eine hervorragende Möglichkeit, Menschen dazu zu bewegen, weniger Wasser zu verbrauchen“. Denn Rasenflächen verschlingen bei guter Pflege große Mengen an Wasser.
Gotland: Mit gutem Beispiel vorangehen
Gotland selbst leidet ebenfalls unter Wasserknappheit. Denn anders als auf dem schwedischen Festland, das von Seen geradezu übersät ist, ist die Insel in der Ostsee nicht mit unendlichen Grundwasserquellen, dafür im Sommer aber mit den meisten Sonnenstunden gesegnet. Letzteres lockt vor allem im Juli und August Tausende Urlauberinnen und Urlauber auf die 3000 Quadratkilometer große Insel, die zudem mit unberührten Landschaften und Kalksteinklippen besticht. Zeitweise schwillt die rund 60.000 starke Bevölkerung auf mehr als das Doppelte an und oftmals helfen dann nur Wasserbeschränkungen, um die Wasserreservoire auf einem verträglichen Level zu halten.
Laut der Organisatoren des Wettbewerbs möchte Gotland unter anderem Wasser sparen, indem es die Norm für grünen Rasen ändert. Gleichzeitig wollen die Insulaner ihren eigenen Landsleuten wie auch dem Rest der Welt zeigen, dass nachhaltiges Verhalten nicht langweilig sein muss. Die Gotländer luden deswegen Menschen aus der ganzen Welt ein, Bilder ihres vertrockneten Rasens einzureichen. Es gingen Beiträge aus den USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, der Schweiz, Kroatien, Schweden und Australien ein. Eine internationale Jury entschied letztendlich, wer die diesjährige Siegerkrone tragen sollte.
Endlich vom Rasenmähen befreit
Der Titel wurde nun an Kathleen Murray verliehen, die auf Tasmanien lebt, der größten australischen Insel, die 2022 erst den trockensten Sommer seit 40 Jahren verzeichnet hat. Besonders gefiel den Organisatoren des Wettbewerbs, dass Murrays Rasen „tiefe, ausgetrocknete Löcher“ aufwies, die von drei wilden „Bandicoots“, kleine endemische Beuteltiere in Australien, gegraben wurden, und dass bei ihr „kein einziger staubbedeckter Dezimeter für die Bewässerung verschwendet“ wird.
Murray selbst zeigte sich hocherfreut über die auf den ersten Blick eher zweifelhafte Auszeichnung. Auf einem Foto zeigte sie sich übers ganze Gesicht strahlend – mit einem T-Shirt, das die Aufschrift „Proud Owner of World’s Ugliest Lawn“ trägt. Letzteres bedeutet übersetzt so viel wie „Stolze Besitzerin des hässlichsten Rasens der Welt“. Murray gestand, dass sie sich sehr über „ihre fünf Minuten Ruhm“ freue, selbst wenn es dabei um den hässlichsten Rasen der Welt gehe. Außerdem sei sie jetzt „endlich davon befreit“ worden, jemals wieder ihren Rasen zu mähen.