Nach dem umfangreichen Militärschlag der USA und Verbündeter gegen die Houthi im Jemen haben die US-Streitkräfte in der Nacht auf Samstag erneut eine Stellung der Rebellen angegriffen. Ziel sei eine Radaranlage gewesen, teilte das US-Militär mit. Der Fernsehsender der vom Iran unterstützten Houthi berichtete zuvor von „einer Reihe“ von Angriffen auf die jemenitische Hauptstadt Sanaa. Der Houthi-Miliz zufolge wurden bei den Angriffen „fünf Märtyrer“ getötet.
Den US-Streitkräften zufolge feuerte das US-Kriegsschiff „USS Canrey“ am Samstag mehrere Marschflugkörper vom Typ Tomahawk ab. Der Angriff um 03.45 Uhr Ortszeit Sanaa sei eine Nachfolge-Aktion der Bombardements von der Nacht zuvor gewesen und habe sich gegen „ein konkretes militärisches Ziel“ gerichtet, erklärte die für die Region zuständige Kommandozentrale U.S. Central Command. Die USA und Verbündete wollen die schiitischen Rebellen an weiteren Attacken auf den internationalen Schiffsverkehr im Roten Meer hindern.
Biden versichert: „Ich werde nicht zögern“
US-Präsident Joe Biden sprach von „erfolgreichen“ Luftangriffen - und drohte zugleich weitere Angriffe an, sollte die Miliz ihre Attacken gegen Schiffe nicht einstellen: „Ich werde nicht zögern, wenn nötig weitere Maßnahmen anzuordnen.“ Der Houthi-Militärsprecher Jahja Saree erklärte, bei den Angriffen seien „fünf Märtyrer“ getötet und sechs Rebellen verletzt worden.
Analysten zufolge werden die westlichen Angriffe die Rebellen kaum stoppen. Sie werden „die Bedrohung der Schifffahrt durch die Houthi verringern, aber nicht beenden“, erörterte Jon Alterman, Direktor des Nahost-Programms am Zentrum für Strategische und internationale Studien in Washington. Die Houthis haben in den vergangenen Jahren tausenden Luftangriffen durch eine von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition widerstanden.
Russland verurteilt US-Schlag
Russland verurteilte unterdessen vor dem UN-Sicherheitsrat den Militärschlag auf Dutzende Houthi-Stellungen vom Vortag. Die USA und ihre Verbündeten trügen "persönlich" dazu bei, dass sich der Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas auf die gesamte Region ausbreite, sagte der russische Vertreter Wassili Nebensja bei einer Sitzung des Weltsicherheitsrats, wie die russische Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zum Samstag meldete.
Die Verbündeten hätten bei dem ersten Schlag in der Nacht zum Freitag knapp 30 militärische Standorte der Houthi angegriffen, berichtete der im Pentagon für militärische Operationen verantwortliche US-Generalleutnant Douglas Sims. Die Auswertung sei noch nicht abgeschlossen. Er wisse aber, dass die Fähigkeiten der Rebellen für weitere Angriffe geschwächt worden seien. Die Houthi hatten Vergeltung angekündigt und erklärt, ihre Angriffe auf angeblich mit Israel in Verbindung stehende Handelsschiffe im Roten Meer fortzusetzen.
Österreich für EU-Unterstützung zum Schutz der Schiffe
Seit Ausbruch des Gaza-Krieges zwischen Israel und der islamistischen Hamas attackieren die Houthi-Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer. Große Reedereien meiden die wichtige Handelsroute zunehmend. Die Houthi greifen das gut 2.000 Kilometer entfernte Israel auch immer wieder direkt mit Drohnen und Raketen an.
Die EU-Außenminister wollen am 22. Jänner über eine mögliche militärische Beteiligung an der US-Initiative zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer beraten. Österreich habe sich bereits im Dezember in Brüssel für eine mögliche EU-Unterstützung zum Schutz von Handelsschiffen und der Sicherheit des globalen Warenverkehrs durch das Rote Meer ausgesprochen, betonte das Außenministerium in einer Stellungnahme gegenüber der APA am Freitag. Man unterstütze daher alle Vorbereitungsarbeiten für eine EU-Operation und die Diskussion dazu in den entsprechenden Brüsseler Gremien, hieß es weiter.
Gazastreifen in Schutt und Asche
In rund 100 Tagen hat Israels Armee große Teile des Gazastreifens in Schutt und Asche gelegt. Mehr als 23.000 Menschen wurden nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums bisher getötet, etwa 70 Prozent davon Frauen und Minderjährige. Rund 360.000 Wohneinheiten in dem Palästinensergebiet wurden nach UN-Informationen zerstört oder beschädigt. Seit Donnerstag muss sich Israel erstmals wegen des Vorwurfs des Völkermords vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verantworten. Südafrika hatte Israel Ende 2023 verklagt, weil es in der militärischen Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen einen Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention sieht. Israel weist den Vorwurf zurück.
Unter Vermittlung des Golfemirats Katar verständigte sich Israel unterdessen nach eigenen Angaben mit der Hamas darauf, den in den Gazastreifen verschleppten Geiseln Medikamente zukommen zu lassen. Sie sollen „in den nächsten Tagen“ auf den Weg gebracht werden, wie das israelische Ministerpräsidentenamt am Freitagabend mitteilte. Im Gegenzug dafür soll Israel Medikamente für die palästinensische Bevölkerung in Gaza liefern. Die Hamas äußerte sich zunächst nicht.
Israel geht davon aus, dass noch 136 Geiseln festgehalten werden. 25 davon sind vermutlich nicht mehr am Leben. Unter den Verschleppten befinden sich auch alte und kranke Menschen, von denen etliche an Krebs oder Diabetes leiden und deshalb regelmäßig Medizin benötigen. Unterdessen heulten an Israels Grenze zum Gazastreifen am frühen Samstagmorgen erneut die Sirenen. Die Hamas feuert weiterhin immer wieder Raketen auf Israel ab.
Seit Beginn des Krieges verschärften sich auch die Spannungen und Konflikte im israelisch besetzten Westjordanland. Palästinenser beklagen vermehrte Gewalt von jüdischen Siedlern gegen ihre Dörfer. Das israelische Militär geht in palästinensischen Städten in verstärktem Maße gegen mutmaßliche Militante vor. So erschoss die Armee nach eigenen Angaben nahe Hebron drei von ihnen. Die Palästinenser seien in die jüdische Siedlung Adora eingedrungen und hätten dort das Feuer auf eine Armeepatrouille eröffnet, was diese erwidert habe. Die Eindringlinge seien mit Schusswaffen, Äxten, Messern und Brandsätzen bewaffnet gewesen. Ein 34-jähriger Israeli sei bei der bewaffneten Auseinandersetzung verletzt worden, hieß es.