Polens inhaftierter Ex-Innenminister Mariusz Kaminski ist am ersten Tag seiner Gefängnisstrafe in einen Hungerstreik getreten. Eine entsprechende Erklärung des wegen Amtsmissbrauchs verurteilten Politikers veröffentlichte die abgelöste nationalkonservative Regierungspartei PiS am Mittwoch auf der Plattform X (vormals Twitter). Er halte seine Verurteilung für politische Rache, schrieb Kaminski darin. Präsident Andrzej Duda rügte das Vorgehen der Behörden.
Schockiert über „Brutalität“
Er sei zutiefst schockiert über „den Eifer und die Brutalität, sowohl in juristischer, physischer und medialer Hinsicht“, sagte Duda. Er werde nicht eher ruhen, bis Kaminski und sein früherer Staatssekretär Maciej Wasik wieder freigelassen würden. Beide seien „kristallklar ehrliche Menschen“. Der Fall der beiden Politiker hat zu einer Eskalation des Konflikts zwischen der neuen Mitte-Links-Regierung von Donald Tusk und dem PiS-Lager geführt. Das EU- und NATO-Land Polen steht seitdem am Rand einer Staatskrise. Duda, der aus der PiS stammt, hatte Kaminski und Wasik am Dienstag im Präsidentenpalast empfangen, während die Polizei sie ins Gefängnis bringen sollte. Nach mehreren Stunden in dem Amtssitz wurden die PiS-Politiker dort schließlich gefasst und kamen in Haft.
Der Friedensnobelpreisträger und ehemalige polnische Präsident Lech Walesa forderte rechtliche Konsequenzen für Duda. „Der Präsident hat Kriminellen geholfen, das ist unfassbar“, sagte Walesa dem Portal Onet.pl. „Wahrscheinlich sollte man die Polizei zu ihm schicken, damit sie auch ihn an einen anderen Ort bringen.“ Bereits am Dienstag hatte Regierungschef Tusk Duda Sabotage vorgeworfen und einen Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch zitiert, der bis zu fünf Jahren Haft für Personen vorsieht, die einem Straftäter helfen, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen.
„Politische Gefangene“
Vor dem Gefängnis im Warschauer Stadtteil Grochow versammelte sich in der Nacht auf Mittwoch eine Gruppe von PiS-Abgeordneten, darunter auch Parteichef Jaroslaw Kaczynski. Er bezeichnete Kaminski und Wasik als „politische Gefangene“ und forderte vergeblich Einlass in die Haftanstalt.
Kaminski und Wasik waren im Dezember in einem Berufungsverfahren von einem Warschauer Bezirksgericht wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden und sollten ihre Strafe antreten. Duda hatte die beiden nach einem ersten Verfahren 2015 begnadigt. Das Oberste Gericht hatte diese Begnadigung aber für nicht rechtmäßig erklärt, weil seinerzeit das Berufungsverfahren noch lief. Duda betonte am Mittwoch erneut, nach seiner Auffassung sei die Begnadigung weiter gültig.